«Sie findet nur einmal pro Generation statt. Gerade das macht sie so speziell», bekräftigt Sabine Caruzzo. Als Historikerin und Mitglied der Confrérie des Vignerons (Bruderschaft der Winzer) ist sie mitverantwortlich für die Durchführung der diesjährigen «Fête des Vignerons». Die Zahlen sind fürwahr eindrücklich.
Gigantische Kosten für gigantische Konstruktionen
Auf dem Marktplatz in Vevey wurde eine gigantische Arena aufgebaut, die 20'000 Menschen Platz bietet. Sie dient nicht nur als Bühne, sondern verfügt über eine riesige LED-Konstruktion, die das Publikum durch ihr Lichspektakel und Farbenspiel in den Bann ziehen wird. Alleine für die Arena wurden 20 Millionen Franken investiert.
Auch personell fordert die «Fête des Vignerons» einen enormen Aufwand. 5600 Mitwirkende werden aufgeboten – darunter Chormitglieder, Artisten, Tänzerinnen, Statisten und Sängerinnen. Für Kostüme, Technik, Libretto Komponisten und dergleichen werden weitere Millionen investiert.
Eigentlich ein Wahnsinn! Wir sind schon ein bisschen ‹fou›!
«Beachtet man den Stellenwert der Veranstaltung, sind diese Kosten aber durchaus nachvollziehbar», rechtfertigt Carruzzo. So ist die «Fête des Vignerons» doch ein Anlass, der generationenübergreifend ist. Carruzzo durfte beim letzten Winzerfest selber als Statistin auf der Bühne mitwirken und kann die Aufregung und Vorfreude aller Beteiligten demnach gut nachvollziehen.
Modern und nostalgisch zugleich
Eine folkloristische Show in dem Sinne darf man allerdings nicht erwarten. Die «Fête des Vignerons» spiegelt vielmehr den jeweiligen Zeitgeist wieder. Musik und Libretto sind also jedes Mal ein Unikat. Allerdings gibt es auch gewisse nostalgische Ankerpunkte, die auch heuer wieder stattfinden.
Der «Ranz des Vaches» ist das Highlight
Dazu zählt gewiss der «Ranz des vaches», der vor 200 Jahren seine Premiere am Winzerfest feierte. Unvergessen ist bis heute die Darbietung des Solisten Bernard Romanens, der 1977 die Anwesenden in der Arena durch seine glockenklare Stimme und emotionale Darbietung in seinen Bann zog.
Romanens hatte keine eigentliche Gesangsausbildung. Er war vielmehr ein ganz normaler Käser und Alphirte, verfügte allerdings über eine eindrückliche Naturstimme. Vielleicht gelang es ihm gerade deshalb, so authentisch zu wirken und das Publikum zu berühren.
UNESCO verpflichtet
2016 wurde die «Fête des Vignerons» in die Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Daher fühlt man sich verpflichtet, an Traditionen festzuhalten, gleichzeitig aber auch dem Zeitgeist entsprechend modern zu bleiben. Deshalb wird für das aktuelle Winzerfest auch die Melodie des «Ranz des Vaches» leicht modernisiert. Für den Solopart wurde diesmal kein einziger Sänger, sondern gleich eine ganze Gruppe engagiert. Fakt ist: Keine «Fête des Vignerons» gleicht der anderen. Dies ergibt laut Carruzzo aber durchaus seinen Sinn. «Nur wenn die Kultur sich weiterentwickelt, kann sie am Leben erhalten bleiben», lautet ihre Devise.