Über die Medizinobjekte aus der Vergangenheit lachen wir heute. Oder wir staunen. Oder wir müssen uns erklären lassen, was sich die Menschen dabei gedacht haben.
Ein Blick in die medizinhistorischen Sammlungen in Basel und Zürich:
Das Tabak-Klistier aus dem Pharmaziemuseum Basel
Es ist filigran, aus Holz und könnte auch für ein Musikinstrument gehalten werden. Doch es war für anderes gedacht: Mit Hilfe einer Pumpe konnte Tabakrauch via Anus in den Darm gepumpt werden. Soll gegen Bauchkrämpfe und diverse Darmkrankheiten geholfen haben, wurde aber auch benutzt, um Ertrunkene wiederzubeleben.
Heute tönt es absurd. Aber der Gedanke, mit Tabak jemanden wiederzubeleben, hat schon eine Basis: Wärme hilft dem Kreislauf, Nikotin zieht die Gefässe zusammen und lässt das Herz schneller schlagen.
Das Tabak-Klistier stammt aus dem frühen 19. Jahrhundert. Ob es beim Wiederbeleben geholfen hat, lässt sich heute nicht mehr sagen.
Die Schluckbilder aus dem Pharmaziemuseum Basel
Sie sehen aus wie Briefmarken. Briefmarken mit Heiligenbildern drauf. Bogenweise wurden sie bei Wallfahrtsstätten an Pilger verkauft. Drohte ein Leiden oder eine Gefahr, assen die Gläubigen die Schluckbilder oder backten sie ins Brot ein. Die Bildchen hatten keinen Wirkstoff drauf, sondern rein der Glaube an die Heiligenfigur half den Patienten.
Es war keine Verzweiflungstat. Beim Heilen geht es immer auch um Glauben. Und in diesem Fall hatten die Menschen mehr Vertrauen in die Heiligen als in die Medizin.
Anfang 20. Jahrhundert sind die Schluckbilder langsam verschwunden. Der Begriff ist geblieben: Der «Fresszettel» stammt vom Schluckbild ab.
Der blaue Heinrich aus der Sammlung der Basler Spitäler
Es war eine Unsitte im 19. Jahrhundert: Die Menschen spuckten überall auf den Boden. Gleichzeitig war die Tuberkulose eine weitverbreitete Krankheit. Als man erkannte, dass die Infektionskrankheit durch Tröpfchen übertragen wurde, mussten Patienten in den blauen Heinrich spucken.
Dank der blauen Farbe sah der Auswurf nicht ganz so eklig aus und dank dem Trichter im Inneren des Fläschchens war das Auslaufen des Sputums unmöglich.
Mitte 20. Jahrhundert wurde der blaue Heinrich überflüssig. Dank Antibiotika konnte man die Tuberkulose nun behandeln.
Das Kryptoskop aus der medizinischen Sammlung der Universität Zürich
Es sieht aus wie ein Rohr, dass sich der Chirurg als Brille vor die Augen geschnallt hat. Unter dem Kryptoskop hindurch konnte der Arzt den Patienten sehen, durch das Rohr hindurch konnte er gleichzeitig und live die Röntgenbilder anschauen. Diese Gleichzeitigkeit galt in den 1940er Jahren als bahnbrechend.
Es gab viele Operateure, die die Hände ständig in den Röntgenstrahlen bewegten. Dies führte nicht selten zu Krebs an den Händen, woran einige auch starben.
Kein Wunder also, dass die bahnbrechende Idee des Kryptoskops nach rund 20 Jahren nur noch den Weg ins Museum fand.