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Zuger Spezialität Warum das Kirschtorten-Rezept der Nussbaumers nicht geheim ist

Sie gehört zum kulinarischen Erbe der Schweiz und ist weit über die Landesgrenze bekannt: die Zuger Kirschtorte. Ihr Name ist geschützt. Nur Konditoreien, die sie im Kanton Zug herstellen und dafür ausschliesslich AOP-Kirsch aus der Region verwenden, dürfen ihr Gebäck Zuger Kirschtorte nennen.

Einer der Betriebe, der die geschützte Zuger Spezialität herstellen darf, ist die Bäckerei Nussbaumer. Das Familienunternehmen in vierter Generation produziert alle zwei Wochen Kirschtorten. Rund 1000 Portionen werden dabei vertrieben – in den insgesamt neun Verkaufsstellen im Raum Zug oder als Direktlieferungen von Kundschaft in der Region.

Bäcker entnimmt Brot aus dem Ofen mit Brotspatel.
Legende: Andy Nussbaumer führt das Geschäft mit 85 Mitarbeitenden und 15 Lernenden zusammen mit seinem Bruder Jürg Nussbaumer. zVg / Nussbaumer

Die Backstube der Nussbaumers liegt in Cham, im ersten Stock eines Industriegebäudes. Um 8:00 Uhr morgens geht es los mit der Tortenproduktion. Alle wichtigen Komponenten liegen auf den grossen Arbeitsflächen aus Chromstahl bereit: Japonais-Böden, helles Biskuit, Zuger Kirschsirup, Kirschtortencrème, geröstete Mandelscheiben und Puderzuckerschnee.

Begonnen wird mit dem Biskuit, das bereits im Voraus gebacken wird und nun den typischen Kirschgeschmack bekommt. Dafür wird Kirschsirup in runde Bleche gegossen. Er besteht zur einen Hälfte aus Zuckersirup, zur anderen aus Zuger Kirsch. In dieser süss-alkoholischen Mischung werden die Biskuits getränkt und bekommen so ihren unverkennbaren Geschmack.

An einer zweiten Station werden die Japonais-Böden mit rosaroter Kirschcrème bestrichen. So werden sie quasi wasserdicht gemacht, damit sie durch den Kontakt mit den getränkten Biskuits nicht weich werden. Die Schichten werden anschliessend nämlich wie ein Sandwich zusammengelegt.

Wir haben kein Geheimrezept. Weil die Zuger Kirschtorte geschützt ist, arbeiten wir nach einem Pflichtenheft.
Autor: Andy Nussbaumer Co-Geschäftsführer Konditorei Nussbaumer

Zum Schluss wird nochmals Buttercrème rundherum gespachtelt – damit der teure Kirsch nicht ausläuft. Der Rand bekommt einen Mantel aus gerösteten Mandelscheiben und die Tortenoberfläche wird mit Puderzucker bestreut. Keinesfalls fehlen darf auch die Verzierung mit dem typischen Rautenmuster.

Konditor schneidet Torten mit Gebäckschneider.
Legende: Das Rautenmuster war schon 1915 Teil des Originalrezepts und wird mit einem speziell dafür angefertigten Gerät gezeichnet. SRF / Fränzi Haller

Das Rezept der Zuger Kirschtorte ist nicht geheim. Im Gegenteil. «Wir haben kein Geheimrezept. Weil die Zuger Kirschtorte geschützt ist, arbeiten wir nach einem Pflichtenheft», erklärt Geschäftsführer Andy Nussbaumer. Zuger Konditoreien, die Zuger Kirschtorte verkaufen, werden regelmässig kontrolliert, ob sie den richtigen Ablauf einhalten und Produkte aus der Region verwenden – wie beispielsweise AOP-Kirsch aus der Region Zug und Rigi.

Geschichte der Zuger Kirschtorte

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Ein Zeitungsinserat von 1915 wirbt für Zuger Kirschtorte
Legende: In einem Zeitungsartikel von 1915 wird für die neue Kreation geworben. zVg / Privatarchiv Ueli Kleeb Zug

Die Zuger Kirschtorte wurde 1915 vom Appenzeller Heinrich Höhn in Zug erfunden. Während zwei Jahren tüftelte der zugezogene Konditormeister in seiner «Café-Conditorei» an einer Torte herum und bot sie kurz vor Weihnachten 1915 erstmals als Spezialität zum Kauf an.

Inspiriert wurde Höhn durch die vielen Kirsch-Brennereien in der Umgebung. Er liess seine Kreation schützen und gewann damit mehrere nationale und internationale Auszeichnungen. 1943 übernahm Jacques Treichler die Konditorei und mit ihr die Zuger Kirschtortenproduktion.

Das ursprüngliche Originalrezept der Zuger Kirschtorte ist nicht überliefert. Das älteste, heute noch öffentlich vorliegende Rezept wurde in einem Kochbuch der Zuger Haushaltungsschule «Salesianum» im Jahr 1933 publiziert. Hier kann das Rezept eingesehen werden.

Seit seiner Erfindung vor über hundert Jahren hat sich das Rezept der Zuger Kirschtorte stetig verändert. Besonders der Anteil an Kirsch nahm im Verlauf der Zeit kontinuierlich zu.

Die Bäckerei Nussbaumer blickt auf eine lange Geschichte zurück: Sie wurde 1892 von Edi Nussbaumer unter dem Namen «Bäckerei Löwen» in Oberägeri gegründet – und ist somit älter als das Rezept der Zuger Kirschtorte. Hundert Jahre nach der Gründung übernahmen die Brüder Jürg und Andy Nussbaumer das Geschäft ihres Vaters und führen es mittlerweile in vierter Generation.

Ein altes Gebäude und ein Junge steht auf einem Platz.
Legende: Die Bäckerei Löwen, um 1910. zvg/Andy Nussbaumer

Andy Nussbaumer erinnert sich noch gut daran, wie er als Fünfjähriger dachte, es sei eine gute Idee, in der Backstube seines Vaters mit dem Zeigefinger ein Loch in die Mitte jeder fertigen Kirschtorte zu machen. Noch heute lacht die Familie über diese Geschichte. Zum Markenzeichen hat es der Bubenstreich von damals aber nicht geschafft – die Zuger Kirschtorte der Nussbaumers erscheint in der Spezialitäten-Vitrine ganz ohne Loch, dafür mit viel Puderzucker und dem typischen Rautenmuster.

SRF Musikwelle, «Musikwelle Magazin», 16.9.2025, 11:20 ; 

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