Wie alles begann
Dies ist der Anfang einer langen Reise der Stimmüberschlagung: Beim ersten Spiel und Ausgleichstreffer von Island gegen Portugal zum 1:1, pfeift Moderator Gudmundur Benediktsson auf jegliche neutrale Berichterstattung und findet sich im totalen Ausnahmezustand wieder:
Er schreit sich vor Freude beinahe die Kehle aus dem Leib und sammelt sich damit die höchstmöglichen Sympathiepunkte auf der gesamten europäischen Erdhalbkugel.
Frau Þórlaug Haraldsdóttir-Hübl, eine gelernte Architektin, aber auch Dolmetscherin und Übersetzerin der Sprachen Isländisch und Deutsch, hat den Torjubel für uns übersetzt:
Birkir! Birkir! Birkir Bjarnason. Schiesst das Tor für unsere Isländer. Birkir, sehr jung... Und der Ball fliegt an Patrício vorbei. Portugal: Ein Tor. Island: Ein Tor!
Und dann kam Österreich
Wer denkt, das geht nicht mehr lauter, der irrt gewaltig. Island-Kommentator Gudmundur Benediktsson hat sich anscheinend erst gerade warm gelaufen und sich im letzten Vorrundespiel gegen Österreich nun so richtig ins Zeug gelegt. Beim 2:1-Tor für Island in der Nachspielzeit verliert er sich komplett.
«Das ist manchmal so ein Geschrei und daher schwierig zu verstehen», lacht Þórlaug Haraldsdóttir-Hübl laut. Den Inhalt könne sie aber trotzdem sinngemäss übersetzen und zusammenfassen:
Drei gegen zwei. Geh rein, rein! Mach weiter! Sie sind so weit! Österreich verliert! Das spielt keine Rolle. Arnór Ingvi Traustason schiesst das Tor. Wir sind weiter. Weiter! Island!
Es geht noch besser
Dank dem historischen Sieg gegen Österreich kommen die Isländer bis ins Achtelfinale und treffen dort auf Favorit England: Die Nationalmannschaft, in welcher viele grosse Stars der Premier League spielen! Gerade deshalb scheint ein Sieg für die Isländer zunächst unmöglich. Als der Engländer Rooney nach drei Minuten dann auch noch einen Penalty versenkt, scheint der Traum der Isländer tatsächlich geplatzt.
Was dann folgt, ist der pure Wahnsinnsson: Binnen Sekunden gleichen die Isländer zum 1:1 aus und in der 18. Minute folgt sogar das 2:1 für den Underdog! Und da ist er wieder: Island-Kommentator Gudmundur Benediktsson schreit sich zu Wort.
«Zuerst sagt er nur die Namen der in der Situation beteiligten Spieler», erklärt uns Þórlaug Haraldsdóttir-Hübl. Und dann dreht er völlig durch:
Kolbeinn, Kolbeinn, Kolbeinn Sigþórsson schiesst sein erster Tor an der EM. Island 2 Tore, England 1 Tor. Hättet ihr geglaubt, dass ihr diesen Satz jemals hören würdet? Island 2 Tore, England 1 Tor. Ich wiederhole: Island 2 Tore, England 1 Tor. Es sind nicht einmal 20 Minuten des Spiels gelaufen. Wir haben das Spiel zu unseren Gunsten gedreht. 2 zu 1 für Island.
Und dieser Spielstand bleibt bis zum Schluss der Partie. Als der Schlusspfiff erklingt, ist der Kommentator nicht mehr zu bremsen.
Island! Wir haben es geschafft! Island besiegt England 2 zu 1. Was ist los? Was ist eigentlich los? Island hat es geschafft, Island besiegt England. Das Spiel ist vorbei, wir haben es geschafft. Wir haben die Engländer besiegt 2:1, wir haben die Engländer besiegt 2:1. Ich bin sprachlos. Ich bin absolut sprachlos.