Zum Inhalt springen
Mann schleckt Lollipop (verpixelt).
Legende: Colourbox / Collage SRF Digital

Aktuell Verbannt: Porn (oder was danach aussieht)

Die Mikroblogging-Plattform Tumblr verbannt pornografische Inhalte. Resultat: Erhitzte Gemüter, tobende Diskussionen.

Lange galt für die Mikroblogging-Plattform: Tumblr ist weiblich, Tumblr ist voller Erotika. Erotika, die sonst nicht auf den gängigen pornografischen Plattformen einen Platz finden. Eine Plattform, die zwischen dem kinderfreundlichen Internet und einschlägigen Pornoseiten stand. Indie-Porn, sexpositive Blogs, Fetische, schwullesbische Inhalte, aber auch persönliche Blogs von Comic-Zeichnerinnen und Fotografen ohne jegliche erotische Inhalte – irgendwie hatte alles nebeneinander Platz.

Das ist jetzt vorbei. Anfang Monat kündigte Tumblr an, ab dem 17. Dezember keinen « adult content » mehr zuzulassen: Keine Darstellung lebensechter Genitalien von Menschen, weiblich aussehender Nippel und oder sexueller Akte. Das ist ähnlich zur Regelung, wie sie bereits Instagram und dessen Mutterkonzern Facebook umsetzen. Tumblr begründet den Entscheid, die Plattform zu einem sicheren Ort für den eigenen Selbstausdruck machen zu wollen und das Gemeinschaftsgefühl zu stärken. Weiterhin zugelassen sind text-basierte Erotika und künstlerische Aktbilder.

Grosser Widerstand der Nutzerbasis

Automatisierte Werkzeuge setzen diese neue Regelung durch, Menschen greifen nur ein, um diese zu überwachen oder im Grenzfall zu entscheiden. Die Plattform hat bereits begonnen, entsprechende Nutzerinnen zu warnen, wenn ihre Algorithmen verbotene Inhalte entdeckten. Dabei wurde vieles fälschlicherweise als Erotik klassifiziert .

Der Widerstand regte sich sofort nach der Ankündigung: Viele sehen in Tumblr eine der letzten Plattformen für den persönlichen Ausdruck, die zwar Erotika zulässt, aber nicht auf Pornografie spezialisiert ist. Ihres Medium ist nun in Gefahr. Eine Online-Petition hat bereits rund 500'000 Unterschriften gesammelt, um die neuen Richtlinien rückgängig zu machen.

Gründe: Politik, Geld, oder etwas anderes

Warum Tumblr die Schraube anzieht, ist unklar. Es gibt drei mögliche Erklärungen:

Grund 1: FOSTA/SESTA

Ein neues US-Gesetz nimmt seit April 2018 Plattformbetreiber in die Pflicht. Sie sind neu verantwortlich, wenn auf ihren Seiten Sex-Handel oder Kinderpornografie entdeckt wird. Tumblr könnte mit der neuen Regelung auf dieses Gesetz reagiert haben. Kritische Stimmen sehen in der neuen Regelung eine versteckte Internetzensur, Sexarbeiterinnen und -arbeiter ihre Arbeit gefährdet.

Grund 2: Keine Nippel auf dem Apfel, bitte

Apple erlaubt keine erotischen oder pornografischen Inhalte im App-Store. Im November wurde die Tumblr-App aus dem App-Store entfernt, weil in bestimmten Fällen der Filter bei Tumblr versagte und Kinderpornografie nicht korrekt erkannte. Kritikerinnen interpretieren Tumblrs Massnahmen als Überreaktion, um den Platz im App-Store wieder zu erhalten. Die App ist nun seit dem 14. Dezember wieder im App-Store aufgelistet.

Grund 3: Geld, Kommerz, Werbung

Viele sehen im Verkauf von Tumblr an Yahoo und später an Verizon als die eigentliche Ursache: Werbetreibende meiden Seiten, die mit Pornografie und Erotik assoziiert werden. Um zahlende Kunden nicht abzuschrecken, könnte Tumblr deswegen die neue Regelung durchgesetzt haben.

Die Geschichte von Tumblr

Box aufklappen Box zuklappen

2006: David Karp, Marco Arment gründen Tumblr.

2007 : Start der Plattform.

2010: Eigene Kategorie für erotische Inhalte.

2013 : Yahoo kauft Tumblr für 1.1 Milliarden Dollar. NSFW -Inhalte sind noch nur für registrierte User zugänglich und erscheinen nicht mehr in Suchresultaten.

2017 : Verizon kauft Yahoo; Tumblr gehört zum Tochterunternehmen Oath.

2017 : 0.1 Prozent aller Accounts zeigen pornografische Inhalte, ein Viertel aller Besucherinnen ruft Tumblr deswegen auf, die überwiegende Mehrheit sind laut dieser Studie Frauen. 28 Prozent aller Nutzerinnen und Nutzer zeigt der Algorithmus unbeabsichtigt pornographische Inhalte an.

2017 , November: Karp verlässt Tumblr; Apple entfernt die App aus dem App-Store.

Meistgelesene Artikel