Vergleiche drücken sich auf, so ist das im Leben. Und der erste Vergleich, der einem die Gehörgänge runtersuggeriert wird, wenn man die Musik von Long Tall Jefferson hört, ist Bob Dylan. Soll nicht heissen, die Musik von LTJ sei Kopiererei (dafür hat es zu viele moderne Produktionselemente wie die Low-Fi-Drumkits bei Tracks wie «Stay a little Longer») – aber die Einflüsse sind merklich hörbar, textlich sowie musikalisch, z. B. bei Songs wie «The unmasked Joker».
Dies tut indes der Musik von LTJ nichts ab. Auch wenn mir der Zugang zu dieser ruhigen Musik oft fehlt, der Luzerner macht es mir einfacher als viele: Seine Texte sind der Kaffee (die Erlebnisse von Simon Borer – wie Long Tall Jefferson in zivil heisst – in den letzten zwei Jahren wurden ausgewählt, geröstet und zu Texten feingemahlen), die gezupften Gitarrenmelodien die Sahne, die der Brühe den Biss nimmt, und dafür sorgt, dass sie heruntergeht wie Butterbier. Ich persönlich würde seine Musik frühmorgens hören, zu einem Zeitpunkt an dem das Hässliche des Lebens noch keinen Platz in mir findet, dann passt die Musik von LTJ wie Crème Double auf Merengue.
200 Konzerte in zwei Jahren
Erlebt hat er wohl einiges seit 2016 sein Debütalbum «I want my Honey Back» erschien. In dieser Zeit über 200 Konzerte zu spielen, das heisst jede Woche im Schnitt zweimal aufzutreten – zwei Jahre lang. Live zu spielen ist das Brot und die Grundessenz aller Musiker und Long Tall Jefferson hat seine Präsenz und Live-Fähigkeiten europaweit geschliffen. Nebst dem Erfolg auf internationalen Bühnen heimste er 2017 den Swiss Live Talent Award als «Best Emerging Artist» ein und führte seine Arbeit als Kopf des Independant-Labels «Red Brick Chapel» weiter – ein Hoch auf die Arbeitsmoral von LTJ, dass er es dennoch schafft, so viel gute Musik zu schreiben.