In einer Zeit, in der viele Rapper mehr nach redundanten Kopien als nach einzigartigen Künstlern riechen, sind kulturelle Galleonsfiguren wie Dawill eine Notwendigkeit. Seit ich zum ersten Mal vom Berner hörte auf seinem (auf YouTube mittlerweile leider gelöschten) Song «Füür», empfand ich seine Musik als erfrischend anders - und ab und zu recht komisch.
Seine Beats klingen oft mehr nach Worldmusic als nach gängigem Raptrend, in seinen Strophen fanden sich kryptische Textpassagen über Voodoo-Rituale neben explizit beschriebenem Oralverkehr wieder: Musikalisch und textlich war und ist Dawill schon seit jeher anders als alle anderen in der Schweiz. Es wirkt, als würde Dawill die gleiche Welt wie wir alle aus hundert verschiedenen Winkeln beobachten, zu denen wir keinen Zugang finden.
Nebst Inhalt seiner Texte und dem Klang seiner Beats ist es aber auch der Flow von Dawill, der nicht in Schubladen passt. «Ticke» und «Moringa» sind zwei Beispiele auf «Moringa», auf denen Dawill einfach flowt wie kein Zweiter. Nicht zwingend besser als alle anderen - aber anders.
Freier Kopf - Rigide Reimstruktur
Obwohl Dawill eher wie ein freier Künstler / Hippie wirkt als ein Rapper, sieht er sich selber in erster Linie als Raptechniker. Die Paarung seines exzentrischen Geschmacks mit seinem Anspruch, technisch ausgeklügelte Texte zu schreiben, sorgt dafür, dass die Konsumfreundlichkeit in der Balance bleibt. Dieses potentiell auditiv überfordernde Produkt erhält in Form seiner Technik einen Rahmen, der dazu führt, dass man sich nie in zu viel Weirdness verliert.
Nebst dem Uptempo-Banger «Ticke»und der nasty Sex-Hymne «Tschädere» klingt Dawill auf «Moringa» auch gelegentlich nach Wolken. Ich glaube Einflüsse von Künstlern wie Rin , Yung Hurn oder Young Thug auf Tracks wie «Lost» deutlich zu hören. Dabei wirkt Dawill weniger wie ein Kopierer als einer, der eine neue Raptechnik lernen und internalisieren kann. Wenn diese aber wieder seinen Körper verlässt, ist genug Dawill dran, um eigen zu sein. «Moringa»: Gut, sehr gut.