Der Luzerner Aron Hürlimann studiert Sprach- und Literaturwissenschaften und hat sich im Rahmen mehrerer wissenschaftlicher Arbeiten intensiv mit Rap-Battles auseinander gesetzt.
Für ihn hat Mundart-Rap einen grossen Wert für die Schweizer Mundart: «Rapper, die Mundart rappen, machen das ja in ihrem Dialekt. Sie erhalten somit ihren Dialekt am Leben. Gleichzeitig pflegen sie die Sprache aktiv, weil sie sich beim Verfassen ihrer Texte überlegen, wie man neue Lebensumstände beschreiben kann. Oder auch, wie man neue Emotionen, die beispielsweise in Verbindungen mit sozialen Medien entstehen, zum Ausdruck bringen kann.»
Aron kann Rap-Battles wie dem Cypher aber noch mehr abgewinnen: «Ich werde bestens unterhalten. Nur weil Texte nicht immer sozialkritisch sind oder ein Teaching-Element beinhalten, haben sie trotzdem einen Wert. Rapper zeigen, dass sie sich der Sprache auf ihre individuelle Art bemächtigen können. Also, dass Sprachgebrauch nicht nur Rechtschreiberegeln sind, sondern, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, der Sprache Herr zu werden.»
Wir haben Aron die Sessions von Lo, Mimiks und S-Hot vom Cypher 2015 gezeigt, und wollten von ihm wissen, was er aus wissenschaftlicher Sicht davon hält.
Aron Hürlimann : « S-Hot rappt sich richtig in Rage. Man sieht, wie seine Pulsader pumpt. Das kommt davon, dass er auswendig rappt und voll in die Emotion reingeht, statt vom Blatt abzulesen. Er steigt gleich mit der Aussage «das ist Gangster-Rap» ein. Das beweist ein Selbstvertrauen, das nur jemand aus Kleinbasel haben kann.
Er weist mit seiner Herkunft auch beispielsweise auf soziale Segregation in Schweizer Städten hin.
S-Hot spielt mit dem Multikulturellen, mit seinem eigenen Migrationshintergrund und in seinen Texten kommt man mit Wörtern in Kontakt, die in der Schweiz Alltag sind - jedoch nur in gewissen Schichten oder Gruppierungen.»
Aron : « Lo spielt am Anfang stark mit den Endungen - au oder - aus . Er zeigt damit, dass er hier ist, um seine Kreativität auszudrücken und die Leute zu unterhalten.
Zudem nimmt er in seinen Lyrics auch Bezug auf seinen künstlerischen Umgang mit der Sprache, das ist poetische Selbstreferenz, die man zum Beispiel auch bei Goethe findet.
Lo zeigt in seinem dritten Part aber auch sehr anschaulich und kritisch Absurditäten in unserer Gesellschaft in einer Art Zeitgeistanalyse auf. Ein Beispiel: Du weisst, wo es in Vietnam die besten Strandbars gibt, kennst aber deinen Nachbarn nicht.»
Aron : « Mimiks bringt nicht nur zwei Parts wie S-Hot oder drei wie Lo. Er bringt vier Parts, um zu zeigen: Ich bin King, das darf ich mir erlauben! Und seine Gesamtdramaturgie ist schon echt geil. Er fängt easy und lustig an. Im zweiten Part bringt er dann die heftigsten und stärksten Lines. Den dritten hätte er meiner Meinung nach sein lassen können. Und der vierte Part ist dann ernsthaft und persönlich.»
Er baut am Anfang eine Euphorie auf und bringt am Schluss einen Dämpfer rein. Somit ist der emotionale Fall tiefer und der Part wirkt stärker.