Mit seinem minimalistisch-introvertierten Debütalbum «Tremors» hat Christopher Taylor alias SOHN letztes Jahr voll eingeschlagen. Bevor er mit den Arbeiten zu seinem nächsten Album beginnt, dreht er zurzeit mit den Songs seines Debütalbum eine Konzert-Zusatzrunde. Diese Tour macht auch am m4music halt - und zwar gleich zweimal.
Welche Erfahrungen machst du mit deinem deutschen Künstlernamen?
SOHN: «Ich habe ziemlich lange in Wien gelebt und deshalb bewusst ein deutsches Wort gewählt. Im deutschsprachigen Raum sorgt der Name aber nicht selten für Verwirrung. Beispielsweise, wenn Taxifahrer wissen wollen, wie meine Band, respektive mein Projekt heisst. In englischsprachigen Gebieten kommen die Leute aber noch viel weniger damit klar. Die Erklärung «Wie John mit einem 'S‘» hilft da dann aber. Ich höre aber immer noch viele Arten der Aussprache.»
Warum war es zu Beginn so schwierig, etwas über dich zu erfahren? Warum hast du dich so lange im Hintergrund gehalten?
«Es waren zwei Gründe. Zum einen hatte ich noch nicht wirklich viel Vorzeigbares. Ich hatte während dieser Zeit erst gerade begonnen mit einem Manager zusammenzuarbeiten. Zusammen mit einem alten Freund beschloss ich damals, die Musik herauszubringen. Wir wollten aber zuerst herausfinden, was die Leute von der Musik denken, ohne ihnen eine Person zum Namen zu liefern. Dieses Geheimnisvolle gab der ganzen Sache dann einen ziemlichen Schub, so dass wir uns entschieden haben, das noch ein wenig so weiter zu ziehen.
Auf der anderen Seite war es für mich wertvoll, vom Publikum getrennt zu sein. Früher war es oft so, dass ich mich verantwortlich gefühlt habe, wenn meine Musik jemandem nicht gefallen hat. Das war bei diesem Projekt anders, weil es so ja keine direkte Verbindung zu meiner Person gab.
Oft ist es doch so, dass wenn Leute Musik nicht mögen, sie das nicht auf die Musik beschränkt halten. Angenommen jemandem gefällt die Musik von Björk nicht, dann heisst es ziemlich schnell «Ich mag Björk nicht» und nicht «Ich mag die Musik von Björk nicht». Die Person wird sehr oft auf die Musik reduziert. Ich wollte nicht, dass mich das in irgendeiner Weise in meinem musikalischen Schaffen beeinflusst.»
Besser, es so anzugehen, als irgendwann zu merken, dass man vielleicht besser etwas weniger von sich preisgegeben hätte...
«Das ist richtig. Zurück kann man hier nicht. Vorwärts hingegen schon. Ich kann mich jederzeit entscheiden, mich etwas mehr zu zeigen, mehr von mir preiszugeben. Aber diese Dinge kann man nicht rückgängig machen.»
Bist du schüchtern?
«Nein nicht wirklich. Ich bin zwar sehr introvertiert aber nicht schüchtern. Ich versuche auch wirklich, vor nichts Angst zu haben. Alles, wovor ich Angst habe versuche ich trotzdem zu tun, um meine Angst zu überwinden. Das war ja auch zu Beginn dieses Projekts der Fall. Ich habe mich entschieden, meine Heimat zu verlassen und es woanders zu probieren.»
Du kommst aus London und bist nach Wien gezogen. Warum zieht man aus einer so grossen Musikmetropole nach Österreich?
«Eben gerade weil London eine so dermassen grosse Musikmetropole ist. Als ich nach Wien zog, hatte ich genug davon, immer um Aufmerksamkeit und Erfolg zu kämpfen. Irgenwann kommt der Punkt, an dem man seine Heimatstadt zu gut kennt und in Verhaltensmuster verfällt, die für den kreativen Prozess nicht förderlich sind. Ich habe mit dem Wegzu sozusagen meine Komfortzone verlassen.
Ein grosser Vorteil ist, dass man auf dem europäischen Festland kleinere Klubshows spielen kann. In England muss man dafür bereits eine gewisse Bekanntheit haben, denn da wird der Künstler dafür verantwortlich gemacht, Publikum zu organisieren. Kommen zu wenig Leute, wirst man nie mehr gebucht. Das Problem ist, dass man als Musiker ja neue Leute erreichen möchte. Wenn man aber jedes Mal selbst für das Publikum verantwortlich ist, kommen jedes Mal wieder die gleichen Leute. Freunde, Familie, Verwandte. Ich wollte nicht auf dieser Stagnation sitzenbleiben.
Diese Erfahrung in Wien hat nun aber dazu geführt, dass meine Musik in London funktioniert. Ich habe also in dieser Hinsicht alles richtig gemacht.»
Hast du ein Lieblingsfestival? Als Musiker? Als Gast?
«Ich habe ein paar sehr coole Festivals gesehen. Montreux war sehr schön, das Roskilde Festival in Dänemark war auch sehr cool. Da waren erstmals einigermassen viele Leute vor der Bühne, die wussten, was ich für Musik mache. Leute, die wegen mir und meiner Musik vor dieser Bühne standen. Das war sehr schön zu spüren.»