Zum Inhalt springen

Header

Inhalt

Gehirnjogging Dr. Kawashimas Gehirnjogging ist zurück

Ein Videospiel, das angeblich die grauen Zellen trainiert. Doch wie effektiv ist dieses Gehirnjogging? Wir haben eine Neurowissenschaftlerin gefragt.

15 Jahre ist es her, als wir mit Dr. Kawashima und einem Nintendo DS-Gerät unsere Gehirnzellen joggen liessen. Damals ein Klassiker, der sich gleich millionenfach verkaufte. Nun ist Dr. Kawashima auf der neuen Nintendo-Konsole zurück, der Nintendo Switch.

Dr. Kawashimas Gehirnjogging für Nintendo Switch

Das Spiel mit dem etwas sperrigen Titel enthält rund ein Dutzend Übungen, von denen man idealerweise täglich einige absolvieren sollte. Dazu rät zumindest der digitale Dr. Kawashima im Spiel höchstpersönlich: So könne man seine kognitiven Fähigkeiten nachhaltig fördern, meint der Japaner und belegt das immer wieder mit diversen wissenschaftlichen Studien.

Doktor Kawashima und die zitierten Studien sind nicht einfach eine Erfindung von Nintendo. Ryūta Kawashima ist ein Neurowissenschaftler, der mit seinem ersten Buch «Train Your Brain: 60 Days To a Better Brain» 2006 einen Bestseller landete.

Viele Neurowissenschaftler bezweifeln aber, dass solche Übungen die kognitiven Fähigkeiten tatsächlich verbessern. Gehirnjogging-Spiele trainieren in der Regel jeweils nur eine intellektuelle Fähigkeit. So wird man beispielsweise durch tägliches Kopfrechnen zwar besser im Kopfrechnen, andere geistige Fähigkeiten werden durch das Training aber nicht gestärkt.

Einen starken Einfluss haben hingegen First- und Third-Person-Shooter. Sie schafften gute Voraussetzungen, um unsere neuronale Plastizität zu verbessern, sagt Daphne Bavelier, Neurowissenschaftlerin an der Universität Genf. Ausgerechnet jene Spiele also, die oft wegen ihrer Gewaltdarstellungen kritisiert werden, haben einen messbar positiven Einfluss auf unser Gehirn: Sie verbessern die Aufmerksamkeitsspanne, die visuelle Auffassungsgabe oder das räumliche Vorstellungsvermögen.

Wenn es schon nicht schlau macht, macht es Spass?

Dr. Kawashimas Gehirnjogging hat in unserem Selbstversuch für mehr Frust als Lust gesorgt. Das liegt an gleich mehreren Problemen:

  • Mangelhafte Eingabe: Fast alle Übungen basieren auf irgendeiner Art von Sensorik. Entweder muss man mit einem Stift Zahlen schreiben oder mit den Händen vor der Kamera fuchteln. Beides funktioniert nur mangelhaft. Das ist gerade bei Spielen, bei denen es um eine Bestzeit geht, äusserst frustrierend.
  • Zu wenig Gamifizierung: Viele «Games» sind eigentlich einfallslose Aufgaben und keine Spiele. Statt zu gamen muss man etwa ein Sudoku lösen oder einen Zeitungsartikel lesen. Beim Zeitungslesen tut die Konsole zwar so, als würde sie mithören, dabei hat die Switch gar kein Mikrofon um das Gelesene zu überprüfen. Noch werden später Fragen gestellt, um zu überprüfen, ob der Text auch verstanden wurde. Was das Ganze zu einer ziemlich sinnlosen Übung macht.

Vor 15 Jahren, als Dr. Kawashimas Gehirnjogging die Spielecharts stürmte, war Schreiben mit einem Stift auf einem Bildschirm ein Novum. Wir haben darum gerne darüber hinweg geschaut, wenn die Software aus der Zahl Fünf regelmässig eine Neun machte und haben uns geduldig in Schönschreiben geübt. Doch 15 Jahre später sind diese Zeiten definitiv vorbei und Dr. Kawashima sieht mit seinem Gehirnjogging selber ganz schön alt aus.

Meistgelesene Artikel