Influencer sind Meinungsmacherinnen und Meinungsmacher, die in Social-Media-Kanälen wie YouTube oder Instagram eine besonders grosse Zahl von Fans haben. Das US-Model (und Kim-Kardashian-Halbschwester) Kendall Jenner zum Beispiel erreicht auf diesem Weg weit über weit 100 Millionen Leute.
Auch in der Schweiz gibt es Influencerinnen und Influencer – Food- und Mode-Blogger, Fitness-Models oder ehemalige Miss-Schweiz-Kandidatinnen. Ihre Instagram-Posts sehen so aus:
Oder so:
Visuelle Kanäle wie Instagram oder YouTube eigenen sich besonders gut, um Reiseziele, Beauty-Produkte, Accessoires, Kleider oder kulinarische Leckereien anzupreisen. Bloss den Hinweis, dass es sich bei den Einträgen um Werbung handelt, sucht man meist vergebens. Die beiden Beispiele oben sind darum alles andere als Einzelfälle.
Influencer umgehen Werbeblocker
Für die Werbeindustrie scheinen die Influencer derzeit eine Art Wundermittel. Denn gewisse Zielgruppen, darunter auch die jungen Kunden, seien mit klassischer Werbung kaum mehr erreichbar, sagt Simon Künzler, Mitinhaber der Online-Marketing-Agentur Xeit: «Diese Zielgruppe konsumiert keine klassischen Medien mehr. Sie lesen hier einen Tweet, schauen dort ein YouTube-Video oder ein Instagram-Foto. Da ist es wichtig, dass man über diese Kanäle den Weg zu ihnen findet.»
Weiterer Vorteil der neuen Marketing-Methode: Mit Influencern, die direkt ihre Fans ansprechen, lassen sich auch elegant Werbeblocker umgehen, mit denen immer mehr Leute unerwünschte Reklame im Internet ausblenden.
Das lassen sich die Werbetreibenden etwas kosten. Kendall Jenner, die weltweit wohl erfolgreichste Influencerin, soll für einen einzigen Eintrag bei Instagram bis zu 250'000 Dollar abkassieren.
Auch andere Stars mit mehreren Millionen Abonnenten können mit einem einzigen Post gut 100'000 Dollar verdienen.
Schweizer Influencer verdienen pro Post zwischen 500 bis 5000 Franken.
In der Schweiz sind diese Beträge deutlich tiefer. Hier verdient ein Influencer pro Post zwischen 500 bis 5000 Franken, schätzt Simon Künzler. Wieviel Geld hierzulande insgesamt ins Influencer-Marketing fliesst, weiss er nicht – «Dazu gibt es keine offiziellen, geschweige denn verlässlichen Zahlen». Besonders gross sei der Markt in der Schweiz aber noch nicht.
Ein Brief an 90 Prominente
Keine Werbemassnahme ist so effektiv wie die persönliche Weiterempfehlung. Influencer kommen beim Publikum deshalb viel besser an als herkömmliche Werbung.
Mehr als 80 Prozent der Konsumentinnen und Konsumenten vertrauten ihnen, so eine Studie des amerikanischen Marktforschungsunternehmens Nielsen. Sie seien ebenso glaubwürdig wie Familienmitglieder oder Freunde.
Doch dieses Vertrauen ist nicht immer verdient. In den USA musste jüngst die Handelsaufsicht Federal Trade Commission (FTC) aktiv werden. Wegen Schleichwerbung hat sie 90 Prominente ermahnt, in Zukunft klar auszuweisen, wenn es sich bei einem Instagram-Eintrag oder einem YouTube-Video um Werbung handelt.
Mit der bisherigen Praxis, zur Kennzeichnung von Werbung einfach einen Hastag wie «#ad», «#sp» oder «#spon» irgendwo zwischen dutzenden von anderen Instagram-Hashtags zu vergraben, sei das nicht getan, so die FTC. Und auch gesponserte YouTube-Videos müssten klar als Werbung erkennbar sein. Der Hinweis darauf dürfe nicht in einem Text versteckt werden, der hinter dem «Show More»-Button liegt.
Influencer müssen kommerzielles Interesse klar machen
Auch in der Schweiz gelten Regeln. Das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb schreibt vor, dass Werbung als solche ersichtlich und für das Publikum erkennbar sein muss. Doch längst nicht alle Schweizer Influencer halten sich daran. In vielen Fällen «vergessen» sie den Hinweis, dass sie für die Empfehlung eines Produktes bezahlt wurden.
Wir können nur auf Beschwerde hin eine Werbung beurteilen.
Allerdings: Beschwerden habe es deswegen noch keine gegeben, sagt der Mediensprecher der Schweizerischen Lauterkeitskommission, Thomas Meier. Die Lauterkeitskommission ist eine Selbstregulierungsbehörde der Werbewirtschaft, die sich um Ehrlichkeit der Branche kümmert.
Die Kommission kennt zwar keine speziellen Richtlinien für die Werbung in sozialen Medien. Die Grundsätze, die in anderen Kanälen eingehalten werden müssen, seien aber selbstverständlich auch für das Influencer-Marketing verbindlich, meint Thomas Meier: «Es geht darum, die Leute nicht zu täuschen. Es muss klar gesagt werden, wenn ein Influencer in einem kommerziellen Verhältnis steht.»
Werbebranche hofft auf Selbstregulierung
Von sich aus wird die Lauterkeitskommission bei einem Verstoss gegen diesen Grundsatz aber nicht aktiv, erklärt Meier. Dafür würden ihr die Mittel fehlen. Ausserdem sehe es die Organisation auch nicht als ihre Aufgabe, Polizist zu spielen. Es gelte der Grundsatz «wo kein Kläger, da kein Richter», so Meier.
Das Problem könnte sich aber von selbst lösen. Denn Influencer und Werbeindustrie stecken in einem Dilemma: Die Wirksamkeit des Influencer-Marketings steigt und fällt mit der Glaubwürdigkeit und der Authentizität seiner Protagonisten. Wirbt eine Influencerin für zu viele Produkte und ist ihren Fans gegenüber nicht ehrlich, verliert sie rasch beides – Glaubwürdigkeit und Authentizität.
Wer in diesem Metier nachhaltig Erfolg haben will, tut deshalb gut daran, den Bogen nicht zu überspannen und nur Dinge anzupreisen, hinter denen sie/er tatsächlich stehen kann. Und tut ebenso gut daran, ihren/seinen Fans offen zu legen, wenn sie/er sich für eine Empfehlung hat bezahlen lassen.