Stell dir vor du bist Musiker in China. Keine einfache Sache.
Nicht nur die Internetzensur und Repression des kommunistisches Regimes machen dir das Leben schwer, sondern auch das Desinteresse der chinesischen Jugend.
«Dem Grossteil der Jugend steht der Sinn offenbar nicht nach Nonkonformismus», urteilten die beiden Regisseure Susanne Messmer und George Lindt 2007 in einem Interview . In ihrem Film «Bejing Bubble» dokumentierten die Filmemacher die Pekinger Punkszene rund um Bands wie Joyside .
2016: Die Indie-Szene in Peking boomt
Heute, rund 9 Jahre später, sieht die Situation allerdings komplett anders aus. Vor kurzem titelte die englische Zeitung «The Guardian» : «Die Pekinger Indie-Szene boomt» und Helen Fang, Sängerin der Band Nova Heart , fordert im Interview mit uns, dass wir unsere Vorurteile ablegen: «Es ist überhaupt nicht so, dass wir Chinesen aus Angst vor der Regierung nur herumsitzen und unseren eigenen Tod abwarten. Im Gegenteil. Künstler können sich in China mittlerweile ziemlich frei entfalten.»
Künstler können sich in China mittlerweile ziemlich frei entfalten.
Aufgewachsen ist Helen Fang in den USA, 2002 kehrte sie jedoch nach China zurück und wurde sogleich Moderatorin von MTV China. Lange hielt es die Künstlerin dort allerdings nicht aus. Für den schleimigen Pop, der den chinesischen Mainstream regiert, konnte Fang nur wenig Begeisterung aufbringen.
Seither zelebriert Fang die musikalische Rastlosigkeit: Unzählige Indie-Bands, unzählige Electronica-Projekte und dazwischen (grossartige) Gastauftritte bei internationalen Künstlern . Gut möglich also, dass Helen Fang ziemlich bald den Spass an ihrem aktuellen Projekt verlieren wird. Falls das tatsächlich der Fall sein sollte, steht ihr nächstes Projekt aber garantiert bereits in den Startlöchern.
Nova Fang: Die Anti-Exoten
Die meisten chinesischen Bands, die es während den letzten Jahren geschafft haben, Aufmerksamkeit im Ausland zu erregen, waren oftmals wilde Rockbands, die in erster Linie von ihrem Exotenbonus profitieren konnten.
Umso schöner also, dass uns mit Nova Heart endlich ein frischer Wind abseits von krachigen Gitarren und wildem Geschreie aus Peking erreicht. Das Debütalbum von Nova Heart überzeugt mit kühlem Electropop, der irgendwo zwischen Chromatics und The xx anzusiedeln ist, und wurde auf dem Berliner Qualitätslabel Staatsakt. Zurzeit ist die Band auf Europatour, bald beginnen die Arbeiten an ihrem «minimalistischeren» zweiten Album, wie uns Fang im Interview erzählt.