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Teenie im Kapuzenpulli, Blick gesenkt
Legende: Colourbox

Kompass Burnout: Was tun, wenn dich der Stress im Job krank macht?

Im Job fühlt sich ein Drittel der Leute häufig oder sehr häufig gestresst. Das zeigt der Job-Stress Index der Gesundheitsförderung Schweiz. Was tun, damit der Stress nicht im Burnout endet? Ich habe mit Uwe Herwig gesprochen, der beruflich Menschen, die ausgebrannt sind, wieder auf die Beine stellt.

Immer wieder höre ich von verschiedenen Leuten aus diversen Branchen, dass sie ihre Arbeit zwar mögen, aber dass der Stress zu viel geworden ist. Ich habe mich gefragt: Was muss man tun, damit der Stress nicht in einem Burnout endet?

Mir ist es früher selber so gegangen: Ich hatte zwar grosse Freude an meinem Job, aber der Stress wurde so gross, dass mich die Arbeit überallhin verfolgt hat. Bis ins Bett, wo ich dann statt zu schlafen nächtelang an Problemen herumgehirnt habe - natürlich ohne zu einer schlauen Lösung zu kommen. Dafür wurden die Augenringe immer grösser. Ich habe mich hundeelend gefühlt und wusste: Wenn ich jetzt nichts ändere, werde ich ernsthaft krank.

Uwe Herwig, ist denn Stress ein Vorbote von Burnout?

Uwe Herwig

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Uwe Herwig im Porträt

Uwe Herwig ist Chefarzt an der Psychiatrischen Uniklinik Zürich. Er leitet dort das Zentrum für Depressionen, Angsterkrankungen und Psychotherapie.

Herwig: Als belastend empfundener Stress kann ein Vorbote sein, denn es zeigt, dass der Organismus mit den Anforderungen nicht mehr so umgehen kann, wie in gesunden Zeiten.

Wenn man merkt, dass man sich nicht lösen kann von der Arbeit, nicht mehr gut schläft. Ängste oder Unbehagen hat, zur Arbeit zu gehen. Sich von anderen Sachen zurückzieht. Keine Energie hat, um sich um Hobbies, Freunde oder Familie zu kümmern.

Stress hat verschiedene Phasen: Eine dieser Phasen ist die Ruhe. Nach Stress braucht es Ruhe und Erholung.

Was ist ein Burnout?

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Burnout ist ein Sammelbegriff, man versteht darunter eine Depression, eine depressive Episode. Ein Burnout zeigt sich durch Erschöpfung, Energie- und Freudlosigkeit. Die Betroffenen ziehen sich zurück, versinken in Schuldgefühlen oder dem Gefühl, versagt zu haben und sind traurig. Sie liegen nachts wach und grübeln.

Dann ist auch wichtig, den Körper miteinzubeziehen. Sport machen, sich abreagieren ist ganz wichtig, um sich wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Das leuchtet ein: Nach Stress braucht es Ruhe und der Stress muss aus dem Körper raus. Gar nicht einfach umzusetzen...

Das Problem ist ja, dass wir in stressigen Phasen eher zu kurze Mittagspausen machen oder noch schlimmer: das Essen vor dem PC reindrücken. Und wenn man von der Arbeit heimkommt, mag man sich nicht mehr bewegen, auch wenn man weiss, dass es eigentlich gut tun würde...

Herwig: Das geht vielen so, ich kenne das selber auch. Das gilt es zu erkennen und den Alltag so zu organisieren, dass es eben doch geht. Eventuell muss man mit dem Arbeitgeber sprechen und sagen, dass man diese Woche drei Stunden länger da war und darum gerne früher gehen möchte, damit es noch reicht zum Sport machen. Aber viele nehmen sich das aus Angst nicht heraus - sie haben die Sorge, als schwach und nicht leistungsfähig dazustehen...

«Kompass»

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Weil andere es ja auch können...

Herwig: Genau. Aber, ich sag's mal so: Der moderne Arbeitgeber weiss, das der ausgeglichene Mitarbeiter der effizienteste ist.

Wenn ich mich dem Chef anvertraue, kann ich mit Verständnis rechnen?

Herwig: In aller Regel höre ich, dass dafür Verständnis da ist. Es ist ja auch Ausdruck eines modernen Arbeitgebertums. Das wird in Führungsaubildungen auch geschult und gelehrt. Das ist erstmal das, was man erwarten kann.

Insofern ist es richtig, mutig auf den Vorgesetzten zuzugehen und sachorientiert darzulegen, was am Arbeitsplatz oder Profil umzustrukturieren ist.

Sie raten, dass man sich anvertraut - mit Familie, Freunden oder eben dem Arbeitgeber spricht. Aber das Problem ist ja, dass man Angst hat, als Versager dazustehen.

Herwig: Das ist so und da kommen wir an die Grundwerte unserer Gesellschaft, die ja eine Leistungsgesellschaft ist. Das ist etwas, was die Gesellschaft prägt.

Es beängstigt und schwächt das Selbstwertgefühl, wenn wir Anzeichen entdecken, dass wir nicht bis zum Äussersten leistungsfähig sind, dass wir Grenzen haben.

Hmmm. Vielleicht lohnt es sich auch, darüber nachzudenken, wo der Fehler liegt. Bei einem selber, weil man beim Höher-Schneller-Weiter-Spiel nicht mehr mitkommt oder am System, dass mehr verlangt, als wir geben können?

Herwig: Es ist ein Ausdruck von Stärke, von Selbtsorganisation, der nachhaltigen Leistungsfähigkeit, auch einmal die eigenen Grenzen anzuerkennen. Durch diese Situation durchzugehen, bringt einem wieder ein Gleichgewicht.

PS: Ich habe mich damals auch meinem Chef anvertraut und hatte Glück: Er hatte Verständnis und wir haben meine Situation so umgestaltet, dass ich die Dinge, die ich auf dem Karren habe, auch tatsächlich ziehen kann.

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