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Beat Wüthrich im Porträt, im Hitergrund seine Metzgerskollegen bei der Arbeit, einer bombt das Foto
Legende: Beat und seine lustigen Gspändli, inkl. Fotobomber SRF

Kompass «Die Jungen von heute wollen wissen, wo ihr Fleisch herkommt»

Beat Wüthrich wollte eigentlich nicht Metzger werden. Nun macht er doch eine Zweitausbildung und will den Metzgerbetrieb der Eltern übernehmen. Wir haben zusammen Wurst gemacht und über Vegetarier, Foodwaste und das Schlachten gesprochen.

In der Schweiz werden pro Jahr und Kopf über 50 Kilo Fleisch gegessen. Das ist fast ein Kilo pro Woche - ein Kilo, so viel wiegt ein mittelgrosses Kaninchen.

Ein Teil davon wird in Arlesheim (BL) von der Metzgerei Jenzer nach strengen Tierwohl-Kriterien hergestellt. Hier macht Beat Wüthrich (26) seine Lehre. Um uns herum hängt Fleisch an Haken, die Luft dampft, es riecht fein nach Gewürzen und ich hab eine Schürze und Plastiküberzieher über den Schuhen an, damit alles auch schön sauber bleibt.

Einerseits wird viel Fleisch konsumiert, andererseits will niemand Tiere töten. Wie reagieren Leute, wenn du sagst, dass du Metzger werden willst?

Funfact

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Es heisst heute nicht mehr Metzger, sondern Fleischfachmann oder Fleischfachfrau. Das soll wohl technischer, gescheiter und moderner klingen, vermuten wir.

Beat: «Sie sind sehr begeistert. Die Jungen wollen heute wissen, was sie Essen, woher das Fleisch kommt. Vielen löscht Fleisch ab, nachdem sie Videos von Tierschützern sehen. Ich sage erkläre dann, dass es bei meinen Eltern anders aussieht, sage, dass wir den Bauernhof anschauen können, von dem die Tiere stammen. Der Hof ist nur eine Viertelstunde entfernt. So können sie sehen, wo die Tiere herkommen und wie sie gehalten werden.»

Wenn ich dir als Kundin sage, ich will die Tiere sehen, dann nimmst du dir Zeit?

Beat: «Ja. Ich will den Betrieb meiner Eltern übernehmen und genau das soll möglich sein.»

Ich will den Kunden die Tiere zeigen. Zeigen, was wir zusammen mit den Bauern erarbeiten und Transparenz schaffen.

Hast du schon mal ein Tier geschlachtet?

Beat: «Nein, das hat sich einfach noch nicht ergeben. Aber seit ich laufen kann, habe ich daheim im Betrieb der Eltern zugesehen.»

Wie werden sie geschlachtet?

Beat: «Schweine werden mit Strom geschlachtet oder betäubt, dann wird ihnen die Kehle durchgeschnitten. Grössere Tiere wie Kälber, Rinder oder Kühe kriegen einen Bolzenschuss in den Kopf.»

Schreien die Tiere?

Beat: «Das Tier schreit nie, wenn es ruhig behandelt wird. Es wird erst dann zum Problem, wenn man die Tiere treibt.»

Wenn die Tiere nicht checken, dass sie geschlachtet werden, bleiben sie also ruhig - ausser man stresst sie. Wie werden sie denn gestresst?

Beat: « Wenn zu viele Tiere zusammen gehalten werden, werden sie stressempfindlicher. Das schmeckt man dann auch dem Fleisch an.

Wenn das Fleisch «säuelet» ist es ein Zeichen, dass das Tier unter Stress gestanden hat.

Wenn man dann die Tiere auf dem Weg zum Schlachthof treibt, werden sie nervös und beginnen zu schreien. Weil es Herdentiere sind, schreien irgendwann alle.»

Aber Zeit ist Geld. Was, wenn ein Tier bockt und sich nicht bewegen will?

Beat: «Dann muss man halt warten. Sie gehen dann schon von selber wieder weiter.»

Was hältst du vom Vegi- oder Vegantrend?

Beat: «Jeder der daran Freude und Spass hat, soll es machen. Ich persönlich finde es etwas zwiespältig. Wenn man fragt, warum jemand kein Fleisch ist und dann die grösseren Zusammenhänge anschaut, wird es sehr kontrovers.»

Aber ist es ja kein blödes Anliegen, wenn man sich aus ökologischen und ethischen Gründen gegen Fleisch entscheidet.

Beat: « Nehmen wir Soja. Wenn man schaut, wie viel Energie es braucht, um Soja herzustellen, wenn man bedenkt, dass Asien der grösste Soja-Hersteller ist* und wenn man dann die Transportwege von einem Schweizer Rind vergleicht, das von hier kommt und eine halbe Stunde, Stunde unterwegs ist bis zum Schlachthaus...

Soja muss in China geerntet, mit dem Lastwagen zum Schiff gebracht, verschifft und dann irgendwo weiterverarbeitet werden. Das ist ein enormer logistischer Aufwand.

Kompass

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Bei Kompass dreht es sich samtags von 10 bis 12 auf SRF Virus rund um Bildung und Arbeit. Am 4. Juni erzählt der angehende Metzger Beat von seinem Beruf.

Für mich hat Vegetarier sein auch viel mit Umweltfreundlichkeit zu tun.»

*Anm.d.Red.: Die USA und Brasilien sind die grössten Soja-Produzenten der Welt. Was aber in etwa gleich weit weg ist, wie China.

Was macht ihr eigentlich mit dem Abfall?

Beat: «Bei uns bleibt eigentlich fast nichts übrig: Wir haben berechnet, das von einem Kalb 600 Gramm am Schluss übrig bleiben.

Den Rest brauchen wir: Die Knochen geben wir den Kunden mit für Fonds oder Jus. Das Fett geht in die Kebabproduktion und aus den restlichen Fleischabschnitten machen wir Wurst.»

Was ist mit Augen, Klauen, Knorpel?

Beat: «Das sind Schlachtabfälle. Die werden getrennt und recyclet. Einiges landet am Ende in der Kosmetikinsdustrie.»

Das Fett kommt zum Beispiel in den Lippenstift und sorgt für wunderbar rote Lippen.

Magst du eigentlich noch Fleisch essen, wenn du den ganzen Tag damit zu tun hast?

Beat: « Wir fangen um vier, fünf Uhr in der Frühe an. Um sieben essen wir zusammen Zmorge, was ich sehr schön finde. In dieser Pause kriegen wir Wurst und Brot. Wenn ich Ferien habe, muss ich trotzdem ins Geschäft um mir ein Stück Wurst zu nehmen, weil es so etwas Gutes ist!»

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