Bevor es hier um das Berufsbild der angehenden Pfarrerin Stefanie geht, möchte ich mir einen kleinen Exkurs erlauben:
Die Berufswahl von jungen Menschen – mit Gender-Lücke
Die Berufswahl prägt das zukünftige Leben eines jungen Menschen mehr als die Wahl zwischen Bier oder Vodka-Energy. Doch bei dieser vermeintlichen «Wahl» ist man oft weniger frei als man denkt: Bei der Berufswahl in der Schweiz gibt es nämlich eine Gendertendenz. Junge Frauen wählen nach Schul- und Studienabgang aus tendenziell weniger Berufen aus als Männer .
Die typischen Berufe für Frauen nach der Lehre sind Kauffrau, Fachfrau Betreuung und Fachfrau Gesundheit. Bei den Männern sind es Kaufmann, Informatiker und Detailhandelsfachmann.
Auch bei akademischen Ausbildungen macht sich die Gender-Kluft bemerkbar: Bei den Geisteswissenschaften existiert ein überdurchschnittlicher Frauenanteil, wogegen Männer öfters Ingenieurswissenschaften studieren.
Nebst diesen Berufen, die einerseits einen Frauen- respektive Männermangel vorweisen, gibt es aber auch Berufe, die generell einen Mangel an Personal verzeichnen. Der Pfarrberuf zum Beispiel.
Da dort die Zahl der Pensionierungen zunimmt, werben die Kirchen nun einerseits mit Angeboten für Quereinsteiger/-innen, andererseits wird man bereits während dem Theologiestudium «an den Pfarrerberuf herangeführt», erzählt mir Stefanie. Sie ist eine junge Frau, die sich für diese etwas andere Laufbahn entschieden hat.
Dabei wollte Stefanie eigentlich nie Pfarrerin werden...
Ich habe mich eigentlich immer als Harley-Davidson-fahrende Richterin gesehen.
Nach dem Gymnasium wählte Stefanie das Studium der Theologie. Zunächst aus purer Neugier:
Man ist in unserer Gesellschaft so oft indirekt und direkt mit Religionsfragen konfrontiert. Darüber wollte ich einfach mehr wissen.
Und so begann sich Stefanie mit Bibeltexten in Originalsprache auseinanderzusetzen, stellte sich zudem viele Fragen über nicht mehr zeitgemäss scheinende Bibelstellen (insbesondere auf Genderfragen bezogen) und landete schlussendlich im Vikariatsjahr, das sie nun im thurgauischen Frauenfeld absolviert.
Das Vikariatsjahr bereitet die junge Frau auf den Beruf der Pfarrerin vor. Auch merkte Steffi schnell: die Leute in ihrem Umfeld sind gar nicht so «spassfrei», wie man erwarten würde. «Wir gehen oft ins Kino oder auf ein Feierabendbier. Alles also ganz easy.»
Was macht eine Pfarrerin genau?
«Was macht eine Pfarrerin nicht, müsste man fragen», sagt Stefanie. Im Vikariatsjahr macht Stefanie eigentlich all das, was man später auch als voll ausgebildete Pfarrerin macht. Dazu gehören unter anderem: Seelsorge, Gottesdienste, Koordination von Chor mit dem Sigrist und Sitzungen mit der Gemeinde. Oftmals geht Steffi auch auf Seelsorge-Besuche, zum Beispiel zu Menschen ins Spital. Dort unterstützt sie Menschen mit Gesprächen, die sich alleine fühlen.
In der Moderne angekommen
Der Beruf des Pfarrers ist heutzutage sehr flexibel: die meisten machen es teilzeit. Da man vertraglich auf Kaderstufe angesiedelt ist, kann jede Pfarrerin und jeder Pfarrer die Zeiteinteilung selbst vornehmen. Und bei 100%-Stellen? «Da kann es schon vorkommen, dass man dann im Pfarrhaus lebt. Wenn man das wirklich tun will, dann muss man sich aber sicher sein, dass man es will. Die eigene Tür muss dann immer offen stehen», sagt Steffi.
Trotzdem freut sie sich auf die kommende Zeit und ist gerade in der Bewerbungsphase für verschiedene Stellen. «Doch zunächst kommen einmal die Festtage», schmunzelt die angehende Pfarrerin.