Als selbständige Tatortreinigerin weiss Corina nie so genau, was sie am Arbeitsplatz erwartet, denn aufgeboten wird sie meistens von den Angehörigen der verstorbenen Person. Nachdem die Polizei und der Bestatter vor Ort waren, rückt sie aus – am häufigsten in Wohnungen und Häuser, wenn eine Person zu Hause gestorben ist, beispielsweise nach einem Suizid oder altersbedingt.
Ausgerüstet mit Ganzkörperanzug, Schutzmaske, starken chemischen Reinigungsmitteln und Geruchsneutralisierern, beseitigt sie menschliche Überreste, Leichensäfte und Blutflecken aus der Wohnung. Ebenfalls sammelt sie wichtige Dokumente oder Erinnerungen für die Angehörigen, falls diese nicht mehr zurück in die Wohnung wollen.
Gestanksresistenz: das A und O
Neben der Reinigung sorgt Corina dafür, dass der Geruch wieder neutralisiert wird. Denn vor allem der Verwesungsgeruch ist unglaublich stark und dringt in andere Wohnungen.
Wer den Verwesungsgeruch einmal in der Nase hatte, vergisst ihn nie mehr wieder.
Es komme sehr häufig vor, dass eine ältere, alleinstehende Person zu Hause stirbt und das über mehrere Wochen unbemerkt bleibt – bis es eben irgendwann anfängt zu stinken, erzählt die 30-Jährige. Und auch vergessen könne man den Gestank nie mehr, wenn man ihn einmal in der Nase hatte, erklärt sie.
Kriterium: Sei hart im Nehmen
Dass sie eine einfache Reinigungskraft mit speziellem Namen sei, hört Corina nicht gerne. Viele normale Reinigungsinstitute hätten erstens nicht die richtige Ausrüstung und würden zweitens diese Arbeit gar nicht machen wollen: «Man muss mit den Bildern, die man antrifft, umgehen können», meint Corina.
Viele der Angehörigen wollen mit der Tatortreinigerin über die verstorbene Person reden. «Dann bin ich hier und höre ihnen zu», erzählt sie. Sie reinige nicht nur, sondern leiste auch psychologischen Beistand.
Etwas, das sie selber nicht hat – und auch gar nicht will. Der Tod sei etwas Natürliches, auch die Verwesung einer Leiche. Das findet sie auch nicht eklig: «Wenn ich auf einen Regenwurm stehe und er unter meinem Fuss zerquetscht wird, bekomme ich Brechreiz. Nicht bei menschlichen Überresten», schmunzelt sie. Ihren Humor hat sie trotz ihrer harten Arbeit nicht verloren: «Es braucht eine grosse Portion Galgenhumor, um diese Arbeit machen zu können». Das helfe ihr, damit umzugehen. Auch in ihrer Arbeit als Polizistin habe sie gelernt, in schwierigen Situationen zurecht zu kommen.
Es ist am besten, wenn ich nicht zu viel darüber nachdenke, sondern einfach mache.
Sie gehe kurz herein, um sich alles anzuschauen, hole ihr Material und mache sich an die Arbeit – bis alles blitzsauber ist. Das fasziniert sie am meisten an ihrer Arbeit: «Der Unterschied einer Wohnung, wenn ich sie antreffe und wenn ich sie nach getaner Arbeit wieder verlasse, ist extrem. Und extrem faszinierend.»
Das Abfallmaterial landet dann im herkömmlichen Haushaltskehricht. Bis zu 50 Kilogramm kontaminiertes Material – also beispielsweise Haare, Hautfetzen, Putztücher mit Blut und Leichensäften dran – darf sie im Kehricht entsorgen.
Und nach der Arbeit? Dusche und Liebesschnulze!
Nach einem Arbeitstag, umgeben von Gestank und ekligen Flüssigkeiten, ist der Gang in die Waschküche etwas vom Wichtigsten für Corina: «Zuerst werfe ich alle Kleider sofort in die Waschmaschine.» Und danach heisst es für die selbständige Tatortreinigerin: duschen, duschen, duschen! Nicht, weil der Dreck lange am Körper haftet, sondern weil man das Gefühl hat, man kriegt den Gestank nicht weg von sich.
Wenn ich nach Hause komme, dusche ich drei-, vier-, fünfmal. Selbst dann habe ich oft noch den Geruch in der Nase.
Und nach Feierabend dann nur noch Comedys und kitschige Streifen? «Ja, eine Komödie oder ein Liebesfilm ist mir oft lieber.» Verständlich, denn: «Krimi habe sie im Alltag genug.» Wider Erwarten seien Szenen in Filmen und Serien dieses Genres nämlich ziemlich echt und realitätsnah dargestellt, wie uns Corina erzählt.