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Wenn Kleidung grüner tut als sie ist
Aus Junge Popkultur, urbanes Leben vom 06.07.2020. Bild: Unsplash
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Kompass Wenn Kleidung grüner tut, als sie ist

Ein paar Blättchen, Schlagwörter wie «eco-friendly» oder «Sustainability» und Bilder von wunderschönen Landschaften und glücklichen Menschen: «Greenwashing» ist eine fiese Marketing-Masche, mit der sich Konzerne nachhaltiger schummeln. Besonders die Modebranche ist hart davon betroffen.

Die Trendfarbe der letzten Jahre? Eindeutig grün. Faire Mode ist gefragter denn je und nachhaltige Labels haben in den letzten Jahren einen Umsatzwachstum im zweistelligen Bereich erlebt. Das merken natürlich auch die grossen, konventionellen Modehäuser und möchten auf den Zug aufspringen.

Doch anstatt ihre Produktionsketten längerfristig umzukrempeln, greifen sie zu einem hinterhältigen Trick: «Greenwashing». Mit dieser PR-Masche inszenieren sich Konzerne und ihre Produkte nachhaltiger, als sie in Wahrheit sind. Für Konsument*innen und faire Labels eine ziemlich frustrierende Angelegenheit.

Wie funktioniert Greenwashing?

«Greenwashing» findet nicht nur in der Modewelt, sondern auch in vielen anderen Branchen wie der Food-Industrie statt. Im Zentrum steht dabei der Begriff der Nachhaltigkeit. Per Definiton setzt er sich aus sozialen, ökologischen und ökonomischen Aspekten zusammen und wird erst dann erfüllt, wenn alle Bereiche berücksichtigt werden.

Hier tricksen grosse Textilunternehmen und setzen nur auf einzelne Massnahmen wie z.B. eine Kollektion aus Bio-Baumwolle, die mit einer aufwändigen Kampagne beworben wird. Dass der Rest des Unternehmens überhaupt nicht nachhaltig ist und die Kleidung beispielsweise unter menschenunwürdigen Umständen oder mit umweltschädlichen Chemikalien produziert wird, bleibt im Dunkeln verborgen. Oder wird eben grün überpinselt.

Warum ist «Greenwashing» möglich?

Das Hauptproblem besteht darin, dass Wörter wie «Nachhaltigkeit», «eco-friendly» oder «fair» nicht geschützt sind und in der Werbung frei verwendet werden dürfen. Dazu kommt, dass Modehäuser eigene Labels und Zertifikate gründen können, ohne dass diese überprüft werden. Das Ergebnis ist ein riesiger Dschungel aus Worthülsen und Symbolen, von denen niemand genau weiss, was sie bedeuten – und ob sie stimmen oder nicht.

Welche Auswirkungen hat es?

Sebastian Lanz

Sebastian Lanz

Gründer & Inhaber von Rrrevolve

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Sebastian Lanz hat vor 10 Jahren Rrrevolve gegründet, einer der führenden Schweizer Vertriebe für faire Mode mit drei Geschäften in der Stadt Zürich. Die drei R’s von Rrrevolve stehen für reduce, reuse & recycle.

Wenn die Grossen tricksen, leiden die Kleinen. Das merkt auch Sebastian Lanz, der vor 10 Jahren den Fair-Fashion-Vertrieb Rrrevolve gegründet hat. Wegen «Greenwashing» werde es für die Konsument*innen immer schwieriger, wirklich faire Mode von grün inszenierter zu unterscheiden. So sinke nicht nur das gegenseitige Vertrauen, sondern auch der Preis der Produkte werde häufiger hinterfragt. Warum 40 Franken für ein fair produziertes Shirt bezahlen, wenn es bei den Fast-Fashion-Labels für die Hälfte angeboten wird?

Ich wünsche mir gesetzliche Richtlinien, damit ‹Greenwashing› in Zukunft nicht mehr möglich ist.
Autor: Sebastian Lanz Gründer von Rrrevolve

Wehren tut sich Sebastian Lanz, indem er Marken, die Greenwashing betreiben, nicht ins Sortiment nimmt und zusammen mit anderen Fair-Fashion-Händler*innen und -Labels an den Pranger stellt. Dies geschehe aber nicht gegen aussen. Sonst entstehe der Eindruck, dass man die Konkurrenz anschwärzen möchte, was einen bitteren Beigeschmack hinterlässt.

Was kann ich dagegen tun?

Doris Abt

Doris Abt

Umweltberaterin & Projektmanagerin

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Doris Abt ist Umweltberaterin und Projektmanagerin rund um Nachhaltigkeit. Sie ist Teil der Bewegung «Fashion Revolution Switzerland», die sich für eine faire und nachhaltige Zukunft der Modebranche einsetzt.

«Fashion Revolution Switzerland» ist Teil einer internationalen Bewegung, die sich für eine nachhaltige Zukunft der Modebranche stark macht und schon länger über «Greenwashing» aufklärt. Umweltberaterin und Projektmanagerin Doris Abt gehört dazu und hat fünf Tipps für dich, damit du der grünen Lüge nicht mehr zum Opfer fällst:

  1. Sei kritisch! Kann ein nachhaltig produziertes T-Shirt wirklich nur 15 Franken kosten? Nur schon beim Gedanken an Material, die involvierten Arbeitskräfte und Transport geht die Rechnung nicht auf.
  2. Je übermässiger ein grünes Produkt beworben wird, umso mehr Misstrauen ist angebracht. Ein paar nachhaltige Kleidungsstücke im Sortiment heissen noch lange nicht, dass die Produktion angepasst wurde.
  3. Frage im Laden nach und bleib hartnäckig: Wo kommt die Kleidung her? Welche Materialien wurden verwendet? Die Vergangenheit hat gezeigt, dass tatsächlich Änderungen vorgenommen werden können, wenn viele Leute nachhaken. Deine Frage kann etwas bewirken!
  4. Das Produktionsland alleine sagt noch nichts über die Arbeitsbedingungen aus. Zum Beispiel in Rumänien herrschen ähnlich problematische Zustände wie in Bangladesch.
  5. Informiere dich, was Symbole und Zertifikate genau bedeuten und finde heraus, welche am besten zu dir und deinen Bedürfnissen passen. Nutze ausserdem Plattformen wie «Fashion Revolution» oder «Public Eye», um dich schlau zu machen.

Bist du schon auf «Greenwashing» reingefallen? Was beachtest du beim Kleiderkauf? Erzähl uns von deinen Erfahrungen via Whatsapp-Sprachnachricht auf 079 909 13 33 oder schreibe sie ins Kommentarfeld.

«Kompass»

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Egal ob Hentai, Microdosing oder Dämonenaustreibung - Host und Produzent Jan Gross lockt dich aus der Komfortzone und beleuchtet Themen abseits des Mainstreams. Im Zentrum stehen Menschen, ihre Meinungen und Geschichten.

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