Nationalhymnen bewegen bis heute. Auch bei uns. Das merken wir zum Beispiel an den éffentlichen Diskussionen, wenn die Fussball-Nationalspieler beim Abspielen der Hymne nicht mitsingen. Aber ganz so heftig wie vor 35 Jahren in Frankreich geht's bei uns dann doch nicht mehr zu. Serge Gainsbourg brachte das halbe Land in Wallung.
Gainsbourg: Chansonnier. Ikone. Provokateur.
Gainsbourg, die französische Ikone. Das Biest, das jede haben konnte, sogar die schöne Brigitte Bardot. Und ein Provokateur par excellence. 1979 gibt er sein Album «Aux armes et cætera» heraus. Das Musikmagazin Rolling Stone kürt es zu den 50 wichtigsten französischen Alben. Aber das Werk hat auch Feinde.
Ça ne marche pas!
Gainsbourg hat das Album auf Jamaika aufgenommen. Darauf ist seine Version der Marseillaise, der französischen Hymne, zu hören. Der Song wird zum Skandal, da Gainsbourg aus der Marseillaise eine Reggae-Version gemacht hat. Nationalisten, Traditionalisten und Rechtsradikalen passt das gar nicht. Für sie ist das Verrat am eigenen Land und seiner Geschichte.
Als die Nationalisten vor Gainsbourg einknickten
Seinen Höhepunkt erreicht der Skandal am 4. Januar 1980: Gainsbourg tritt in Strassbourg auf, dort, wo die Marseillaise komponiert wurde. Böses liegt in der Luft, es gehen sogar Bombendrohungen ein. Gainsbourgs jamaikanische Bandkollegen fliehen nach Brüssel. Er selbst zieht das Konzert durch – und schlägt seine Gegner mit ihren eigenen Waffen: Er singt die Marseillaise nicht in der Reggae-Version, sondern à capella im Original.
Und was müssen die Rechtsradikalen und Nationalisten in der ersten Reihe tun, wenn die Hymne erklingt? So kommt es, dass Gainsbourgs Gegner vor ihm salutieren, während er auf der Bühne singt – und als Sieger wieder heruntersteigt und von seinen Fans bejubelt wird.