Permanente Muskelschmerzen, Schlafstörungen, Schwindelanfälle oder zitternde Gliedmassen – das sind nur einige der gesundheitlichen Probleme, die Anita Tag für Tag begleiten.
Schuld daran ist die Fibromyalgie, eine chronische und in der Schweiz äusserst seltene Schmerzkrankheit. Auch wenn der Begriff «Muskelrheuma» veraltet und medizinisch nicht korrekt ist, zeigt er für Anita ein treffendes Bild ihres Leidens.
Eine Diagnose voller Fragezeichen
Fibromyalgie ist für Mediziner ein grosses Rätsel. Auch wenn die Krankheit schon seit längerem bekannt ist, kann man die genaue Ursache bis heute nicht bestimmen. Das Krankheitsbild ist vielfältig, Symptome und Stärke unterscheiden sich von Person zu Person.
Kein Wunder, dass eine Diagnose sehr aufwändig und langwierig ist. Das musste auch Anita erleben. Vor knapp 10 Jahren liess sie sich nach einer schweren Schlafstörung medizinisch untersuchen.
Die Untersuchungen liefen so ab: Ein Arzt hatte eine Idee, traf die Abklärungen, sah, dass es das nicht sein konnte und dann begann es wieder von vorne. Und dazwischen genügend Wartezeit für unschöne Gedanken und Unsicherheit.
Im Schnitt warten Betroffene ganze 7 Jahre, bis die Krankheit eindeutig festgestellt werden kann. Anita hatte in dieser Hinsicht Glück. Die Fibromyalgie wurde bei ihr bereits nach 3 Monaten festgestellt.
Doch wie reagiert man auf eine Krankheit, von der noch nicht einmal die Ursache bekannt ist? Für Anita und ihre Ärzte ist das bis heute eine grosse Herausforderung, oft ist Ausprobieren und Beobachten von verschiedensten Behandlungen die einzige Methode.
«Sie sind halt einfach zu wenig trainiert!»
Das unscharfe Krankheitsbild der Fibromyalgie ist aber auch aus einem anderen Grund problematisch – Anita hat immer wieder damit zu kämpfen, dass ihr Leiden zu wenig ernst oder gar belächelt wird.
Meine Beschwerden werden nicht als Krankheit wahrgenommen. Das liegt auch daran, dass man sie mir nicht ansieht. Aber selbst ein freundschaftlicher Schlag auf die Schultern ist für mich extrem schmerzhaft.
Immer wieder erleben Fibromyalgie-Patienten im Alltag fehlendes Verständnis für ihre Krankheit. Simulant, Alkoholproblem, Faulheit, Übergewicht – solche Vorurteile muss sich auch Anita immer wieder anhören, teilweise sogar von untersuchenden Ärzten.
Teamwork statt Einzelkampf
So schmerzhaft sich die Fibromyalgie auch in ihren Alltag gebohrt hat, sie hat Anita auch einiges beigebracht. Zum Beispiel, dass sie nicht alle Probleme selber lösen kann und muss, und dass sie ohne schlechtes Gewissen auch Hilfe aus ihrem Umfeld annehmen darf.
Und sie hat gelernt, dass sie sich manchmal auch bewusst zurücknehmen muss – auch wenn das der «Powerfrau», wie sie oft von ihrem Umfeld bezeichnet wird, nicht einfach fällt.
Manchmal merke ich, dass ich eigentlich mehr will, als ich kann. Wenn meine Krankheit mich zurückhält, dann werde ich wütend. Ich will mich nicht als schwach sehen.
Auch wenn ihr die Fibromyalgie tagtäglich Steine in den Weg legt, sieht sie auch positive Seiten – so zum Beispiel, dass ihre Krankheit nicht destruktiv ist, dass sie ihren Körper also nicht im Laufe der Zeit zerstört. Anita hat einen Weg gefunden, ihr Leben trotz ihrer Krankheit und ihrer Schmerzen zu geniessen.
Ich definiere mich nicht über meine Krankheit, sondern über andere tolle Dinge in meinem Leben. An diesen orientiere ich mich, sie machen mein Leben trotz Fibromyalgie lebenswert.