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Rehmann Autoimmunerkrankungen: Sandras Körper kämpft gegen sich selbst

Sandra (32) hat mit zwei chronisch-entzündlichen Krankheiten zu kämpfen – eine im Darm und eine an der Wirbelsäule. Dadurch hat sie ihre Verdauung oft nicht unter Kontrolle und leidet höllische Schmerzen.

Lange tut sie so, als wäre alles in Ordnung. Sandra arbeitet Vollzeit im Spital und pendelt von Schaffhausen nach Zürich. Im Job ist sie bemüht, möchte hundert Prozent geben. Sie hat ein schlechtes Gewissen, wenn sie sich krankschreiben lässt. Aber irgendwann merkt sie, dass sie so nicht mehr weitermachen kann.

Wenn schon der Arbeitsweg zur Tortur wird

Sandra leidet – wie unser Host Robin – an der Darmkrankheit Colitis Ulcerosa. Das heisst ihr Darm ist chronisch entzündet, ihre Verdauung oft unberechenbar. Auch im Zug nach Zürich. Der Stuhldrang überwältigt sie manchmal plötzlich, und oft sind die Zugtoiletten geschlossen.

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Sie bekommt Schweissausbrüche, muss laut furzen oder macht sich sogar in die Hose. Die Blicke der Mitreisenden machen das Ganze noch schlimmer. Oft muss sich Sandra in der Bahnhofstoilette waschen und kommt zu spät zur Arbeit. Der Stress beginnt schon, bevor sie den Arbeitsweg antritt: Wie überstehe ich die Zugreise?

Die Vorgesetzten stellen irgendwann Fragen, wenn du immer im dümmsten Moment aufs WC musst.

Auch bei der Arbeit bereitet die Krankheit Probleme. Oft muss Sandra während der Behandlung von Patienten aufs Klo hetzen. Die vorgesetzten Ärzte fangen an, Fragen zu stellen. «Dieser Druck, funktionieren zu müssen, ist extrem anstrengend», sagt sie.

Zusätzlich zur Darmentzündung leidet Sandra an Morbus Bechterew, einer chronischen Wirbelsäulenerkrankung, die ebenfalls höllische Schmerzen verursacht. Manchmal fühle sich das an wie ein Messer im Rücken, so Sandra. «Das alles zu verheimlichen, ist eine Riesenbelastung».

Ehrlichkeit mit sich selbst

Darum arbeitet sie heute teilzeit und näher bei ihrem Wohnort. Sie hört mehr als früher auf ihren Körper und gesteht sich ein, wenn etwas nicht geht. «Früher wollte ich es allen recht machen. Ich fühlte mich schlecht, wenn ich wegen der Schmerzen nicht mit meinem Ex auf eine Party gehen konnte – was ja eigentlich total blöd ist!»

Es ist schwierig, mit jemandem wie mir zusammenzusein.

Den grössten Teil ihrer Zeit und Energie braucht sie ohnehin für ihre fünfjährige Tochter. «Das Muttersein mit den Entzündungen und Gelenkschmerzen ist extrem anstrengend». Sie wolle ihre Tochter ja auch unterhalten und ihr etwas bieten. Dafür erhält sie viel zurück: «Sie lenkt mich von den Schmerzen ab. Je älter meine Tochter wird, desto schöner ist es mit ihr.»

Das Umfeld als Rückhalt

Halt bekommt Sandra von guten Freundinnen. Und von ihrem Partner: «Er unterstützt mich wirklich gut, obwohl es ja nicht immer leicht ist, mit mir zusammenzusein», schmunzelt sie – und meint damit etwa die ärztlichen Untersuchungen, denen sie sich jede Woche unterziehen muss, oder Nebeneffekte ihrer Krankheiten wie Pilze und Warzen.

Ich rede darüber, um den Leuten zu zeigen, dass es jeden treffen kann.

Die Krankheit ist immer da. Sie lässt sich nicht ausblenden. Trotzdem gibt es Dinge, die bei der Entspannung helfen – Sandra geht zum Beispiel gerne wellnessen. Was ihr noch mehr hilft, ist der Umgang mit anderen chronisch Kranken. Sie erzählt von einem Seminar für andere Betroffene ihres Darmleidens: «Ich musste mich für einmal niemandem erklären. Das war wie eine grosse Familie. Ich fühlte mich frei!».

S.O.S. – Sick of Silence

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Wie sieht das Leben junger Menschen aus, nachdem es durch eine chronische Krankheit ausgebremst wurde? Robin Rehmann leidet selbst an einer chronischen Krankheit und unterhält sich in seiner Sendung mit Betroffenen.

Jeden Dienstag, 18-19 Uhr bei SRF Virus oder hier als Podcast.

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