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Rehmann Daniel (25): «Stress löst bei mir Epilepsie-Anfälle aus»

Als bei Daniel nach einem Zusammenbruch im Militär eine Epilepsie-Erkrankung diagnostiziert wird, beginnt für ihn ein beschwerlicher Weg geprägt von Untersuchungen, Medikamenten und Frustration – bis er einen eigenen Umgang mit seiner Krankheit findet.

Fünf Jahre ist es her, seit Daniel zum ersten Mal diesen plötzlich auftauchenden Druck auf seiner Brust verspürt und einen stechenden Geruch in seiner Nase bemerkt. Zu diesem Zeitpunkt steht Daniel eigentlich mitten im Leben: Er hat kürzlich seine Informatiklehre abgeschlossen, geht regelmässig seinen Hobbies Sport und Musik nach, ist in einer Beziehung und pflegt sein soziales Umfeld. Der merkwürdige Vorfall irritiert ihn zwar, doch er versucht sich nicht zu grosse Sorgen zu machen.

Leider bleibt es nicht bei einem Vorfall, der komische Druck und der Geruch begleiten Daniel fortan mal mehr, mal weniger durch den Alltag. Diese körperlichen Reaktionen sind für Daniel zwar lästig, aber sie schränken seine Alltagsaktivitäten nicht ein.

Der Zusammenbruch im Militär

S.O.S. – Sick of Silence

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Wie sieht das Leben junger Menschen aus, nachdem es durch eine chronische Krankheit ausgebremst wurde? Robin Rehmann leidet selbst an einer chronischen Krankheit und unterhält sich in seiner Sendung mit Betroffenen.

Jeden Dienstag, 18-19 Uhr bei SRF Virus oder hier als Podcast.

Als Daniel in die Rekrutenschule einrücken muss, verschlechtern sich seine Beschwerden.

Nach etwa zwei Wochen im Dienst erleidet der junge Mann einen Zusammenbruch. Er wird von der Ambulanz direkt in den Notfall gebracht und untersucht.

Als die Ärzte bei Daniel jedoch keine auffälligen, körperlichen Symptome feststellen können, ordnen sie den Vorfall als Panikanfall ein. Wegen der Vermutung auf eine Panikstörung beginnt Daniel eine Therapie beim Psychologen. Als er durch die Sitzungen jedoch keine Besserung verspürt, wendet sich Daniel nochmals an seinen Hausarzt, der ihn daraufhin zu einem Neurologie-Spezialisten ins Inselspital Bern schickt. Dort wird nach etlichen Untersuchungen auch klar, warum der Psychologe ihm nicht gross helfen konnte: Die Ärzte stellen bei Daniel eine Fokale Temporallappenepilepsie fest.

«Bei der Fokalen Temporallappenepilepsie ist nicht das ganze Gehirn betroffen, sondern die Schläfenlappen», wird Daniel erklärt. Da nur ein Teil des Gehirns betroffen ist, treten dabei einzelne Bewusstseins- und Wahrnehmungsstörungen auf.

Wenn das Gehirn den Körper ausser Kontrolle bringt

Im verzweifelten Versuch diese Anfälle zu vermindern oder gar zu stoppen, unterzieht sich Daniel einem zweijährigen Untersuchungsmarathon: Von MRIs über Hirnstrommessungen bis hin zu stetigem Medikamentenwechsel – keine der Abklärungen führt die Ärzte auf einen grünen Zweig und kein Medikament verhilft Daniel wirklich zur Besserung.

Selbst mit drei Gramm Antieptileptika pro Tag ging es mir nicht besser.

«Irgendwann stuften sie es als medikamentenresistente Epilepsie ein.» Daniel beginnt dazu zunehmend an Gedächtnisverlust zu leiden und verliert durch die lange Abwesenheit und seine abnehmende Leistung bei der Arbeit seinen Job. «Ich funktioniere bis heute nur mit Notizen, weil ich so vergesslich geworden bin.»

Eine Gehirnoperation als letzter Versuch

Schlussendlich schlägt der zuständige Neurologieprofessor eine Gehirnoperation vor. Diese soll zum Ziel führen, herauszufinden von welcher Gehirnhälfte aus die epileptischen Anfälle häufiger ausgesendet werden und allenfalls dann gezielt einen Teil der besonders betroffenen Stelle rauszuoperieren.

Mir wurden dabei zwei kleine Löcher hinter die Ohren gebohrt und sechs Zentimeter lange Elektroden in den betroffenen Gehirnteil gelegt.

In der Woche nach dem Eingriff wird anhand von zum Beispiel Schlafentzug provoziert, dass Daniel Anfälle bekommt. Er soll immer, wenn er einen Anfall verspürt, einen Knopf drücken. Beim Auswertungsgespräch erklären ihm die Ärzte dann, dass sie 17 Anfälle messen konnten, diese jedoch nicht wie gehofft gezielt einer Gehirnhälfte zuordnen können. Da Daniel durch die Medikamente auch an Potenzstörungen zu leiden beginnt und weitere Nebenwirkungen seinen Alltag zusätzlich beschweren und setzt diese mit in ärztlicher Begleitung langsam ab.

Der Weg zur Besserung

Heute geht es Daniel zum Glück deutlich besser. Er konnte einen eigenen Umgang mit seiner Erkrankung erlernen, in dem er sich stark mit sich selber auseinandergesetzt hat. Dabei ist ihm aufgefallen, dass er häufiger an Anfällen leidet, wenn er sehr gestresst ist. Deshalb versucht er einen möglichst ausgewogenen und stressfreien Lebensstil zu pflegen. Anfälle hat er mittlerweile höchstens alle zwei Monate – vor allem dann, wenn er in Stress- oder Extremsituationen gerät: «Plötzlich spüre ich einen Druck auf meinem Brustkorb, sowie in der Magengrube. Darauf folgt kurze Zeit später ein Kribbeln im ganzen Körper. Ich fühle mich benommen, kann den Gesprächen nicht mehr folgen und werde sehr blass. Nach zehn Sekunden ist alles wieder vorbei – als wäre nichts gewesen.»

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