1. Was ist Cannabis überhaupt?
Kurt von Arx, Suchtprävention Zürich: «Cannabis ist eine psychoaktive Substanz, die es schon seit tausenden von Jahren gibt. Früher war es vor allem für die Landwirtschaft wichtig: zum Beispiel wurden Hanfseile daraus gemacht.
Seit den 68ern ist Cannabis als Droge weit verbreitet: Stichwort «Flower Power». Jede psychoaktive Substanz greift quasi auf unser Belohnungssystem im Hirn zu und das kann zu einer gewissen Abhängigkeit führen.»
2. Was heisst «es kann zu einer gewissen Abhängigkeit führen»?
«Abhängig sein ist ein dehnbarer Begriff. Wir Menschen sind von so vielen Dingen abhängig: sei es von einer Beziehung oder einem Nahrungsmittel. Im Leben geht es darum, dass man seinen Alltag bewältigen kann, dass man zufrieden ist und seine Ziele erreicht.
Wenn man aber den Alltag nicht mehr bewältigen oder Herausforderungen nicht mehr meistern kann, besteht das Risiko, dass man sich an den Cannabis-Konsum gewöhnt und versucht, die Herausforderungen zu umgehen. Daraus können dann auch psychosoziale Probleme entstehen: man ist nicht mehr arbeitsfähig, man bekommt psychische Probleme.»
3. Gibt es auch eine körperliche Abhängigkeit?
«Es ist schon vor allem eine psychische Abhängigkeit. Aber man muss sagen: Ja, es gibt auch eine schwache körperliche Abhängigkeit: Wenn es zum Beispiel darum geht, am Abend ins Bett zu gehen und ohne vorherigen Cannabis-Konsum nicht einschlafen zu können. Dann ist das ja doch ein körperliches Symptom.»
4. Macht Kiffen demotiviert oder greifen eh schon demotiverte Menschen einfach eher zu Gras?
«Ich denke, dass Menschen, die schon ein Problem haben und schon eher demotiviert sind, diese das halt mit Kiffen überdecken. Das darum der Eindruck entsteht, dass diese Leute irgendwie demotiviert seien.
Es ist halt aber auch ein Teufelskreis. Es ist eine gewisse Demotivation da, man kifft, man bekommt zusätzliche Probleme, weil man kifft, was einen dann noch mehr demotiviert und das führt dann wiederum dazu, dass man noch mehr kifft. Schlimmstenfalls greift der Mensch dann zu einer anderen Substanz und fällt in eine Abwärtsspirale.»
5. Ist ab und zu kiffen harmlos?
«Es kommt auf das Motiv an, also: Wieso jemand kifft. Wenn einer am Wochenende kifft und das so kann, ist das ein Lebensstil.
ABER: wenn man schon die ganze Woche ans Wochenende denkt, WEGEN des Kiffens, dann sollte man sich schon fragen: Hey, was ist mit dieser Woche nicht okay, warum freue ich mich so auf das Kiffen am Wochenende?»
6. Wie schädlich ist denn jetzt Kiffen tatsächlich?
«Rein toxikologisch ist kein Fall bekannt, dass jemand an einer Cannabis-Überdosis gestorben ist. Aber indirekt hat es natürlich schon diverse Unfälle gegeben und es gibt Leute, die aufgrund des Cannabis-Konsums ein Stück weit aus ihrer Rolle fallen.»
7. Aight, noch niemand gestorben. Aber sonst... Wie schädlich ist es?
«Wenn es inhaliert wird, sind natürlich die normalen Erscheinungen, die man halt hat, wenn man raucht: Krebserregend, bronchien-schädigend, Atemnot usw. Es besteht ein Risiko bei Menschen mit einer Veranlagung zu Psychosen. Also Leute, die dann psychiatrisch behandelt werden müssen. Von daher kann man sagen, es sind sehr wohl Risiken da.
Jugendliche, die sehr früh und sehr oft kiffen, da besteht das Risiko, dass das Einfluss hat auf ihre Intelligenz, ihre Entwicklung und auf ihre Leistungsfähigkeit.»
8. Also kann man sagen: Wenn Jugendliche kiffen, macht das dumm?
Wenn junge Menschen bereits mit 12, 13 oder 14 Jahren beginnen Cannabis zu rauchen und das oft tun, hat das Konsequenzen.
Weil das ist die Zeit, in der im Hirn eine grosse Entwicklung und Umstellung statt findet. Wenn dann das Hirn ständig mit Cannabis überschwemmt wird, kann das tatsächlich zu merkbaren Schäden führen. Es gibt Hinweise und Untersuchungen, die aufzeigen, dass diese Leute dann weniger Punkte im Intelligenz-Test hatten. Und: nach dem jetzigen Wissensstand ist das irreversibel. Nicht mehr reparierbar!»