Die sieben Monate alte Vanessa Grand sitzt auf dem Schoss ihres Vaters und greift nach ihren Zehen, wie das Babys so tun. In ihrem Oberschenkel knackt es – sie hat ihn gebrochen. Es dauert lange, bis die Ärzte herausfinden, warum sich ein kleines Kind einfach so etwas bricht. Die Diagnose: Glasknochen-Krankheit. Anschliessend folgen unzählige Spitalaufenthalte, Operationen und Therapien.
Die heute 41-Jährige hat schon über 100 Knochenbrüche und Muskelrisse erlitten, der Gips war ihr ständiger Begleiter. An ein Erlebnis aus ihrer Kindheit erinnert sie sich: «Ich bekam einen sogenannten «Max und Moritz»-Gips: Von den Zehen bis zur Brust war ich eingegipst.»
Sie nannten mich eine ‹Missgeburt›.
Während die anderen Kinder in der Schule draussen herumrennen, bleibt Vanessa oft allein zurück. «Ich habe schon früh sehr viel gelesen.» Deshalb hat sie immer gute Schulnoten, worauf manche Mitschülerinnen eifersüchtig sind. «Eine nannte mich deshalb ‹Missgeburt› – das habe ich ihr bis heute nicht verziehen.»
Unter guten Freunden Sprüche über ihre Behinderung zu machen, könne sie durchaus. Aber aus Eifersucht so beleidigt zu werden, geht ihr zu weit. Sie wünscht sich, ganz normal behandelt zu werden, denn viele hätten Respekt, sie anzufassen. Aber: «Mit Händeschütteln hat mir noch nie jemand etwas gebrochen.»
Während dem Studium im Heim
Als eine der ersten Rollstuhlfahrerinnen in ihrer Region macht Vanessa die Matur. Anschliessend studiert sie an der Universität Fribourg, 150 Kilometer vom heimischen Wallis entfernt. Sie lebt in einem Heim und an den Wochenenden bei den Eltern. «Trotzdem konnte ich das Studentenleben wie alle anderen geniessen.»
Liebe zur Musik entdeckt
Schon als Kind liebt die Walliserin Schlagermusik – und findet genau dort ihre Stimme. Sie kann ihr Hobby zum Beruf machen, tritt regelmässig an Konzerten auf und gewinnt Preise. Sobald sie auf der Bühne ist, gerät ihre Behinderung in den Hintergrund. In diesen Momenten zähle nur die Musik.