Das Myhre-Syndrom ist eine sehr seltene Krankheit: Iolani ist die einzige Betroffene in der Schweiz, weltweit gibt es keine hundert diagnostizierten Fälle.
Madeleine bekommt kaum Unterstützung. «Niemand fühlte sich zuständig, man ist von Anfang an alleine. Kein Arzt weiss genau, was zu tun ist.» Um eine geeignete Behandlung für ihre Tochter zu finden, durchsucht die Mutter das Internet nach Therapieformen.
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Iolani leidet an enormen Schmerzen. Für Madeleine ist das der Horror: «Du willst alle Schmerzen von deinem Kind weghalten. Mir können nicht einmal die Ärzte helfen.»
Karriere für die Tochter aufgegeben
Madeleine hängt ihren gut bezahlten Job bei einer renommierten Bank nach einem Herzstillstand ihrer Tochter an den Nagel.
Ich wollte mir nicht vorwerfen, nie für mein Kind dagewesen zu sein.
Eine Krankheit mit endlosen Symptomen
Wegen ihres schweren Herzfehlers hat Iolani bereits sieben offene Herzoperationen hinter sich. Doch ihre Krankheitsgeschichte ist nicht zu Ende: Immer wieder kommt etwas Neues hinzu.
Die Diagnose des Myhre-Syndroms erfolgte erst vor einem halben Jahr dank dem Genetikzentrum in Schlieren. Die Krankheit steht jedoch im Konflikt mit Iolanis Herzproblemen, denn mit dem Myhre-Syndrom sollten Operationen vermieden werden.
Jede Operation ist einerseits lebenserhaltend und andererseits total kontraproduktiv.
Beinahe tod wegen einer inneren Magenblutung
Zusätzlich leidet Iolani an einer Magen-Darm Anomalie: Nach mehreren Operationen wird ihr der Magenpförtner entfernt und eine Darmschlinge direkt an den Magen gehängt.
Kleinwuchs und Gelenkversteifungen
Ein weiteres typisches Merkmal des Myhre-Syndrom ist ihr Kleinwuchs: Die 14-Jährige ist 1.37 Meter gross und wächst nicht mehr.
Auch ihre Gelenke machen ihr zu schaffen: Iolani leidet an Gelenkversteifungen, sie kann ihre Gelenke nicht richtig strecken und biegen.
Spezialnahrung wegen Erstickungsgefahr
Viele Betroffene des Myhre-Syndroms können nicht normal essen. Wegen der verengten Speiseröhre kocht Madeleine täglich zwei Stunden für ihre Tochter. Alles muss sehr klein sein und mit Flüssigkeit angereichert werden - sonst besteht die Gefahr des Erstickens.
Autismus und Schule - geht das?
Neben den körperlichen Einschränkungen zeigt Iolani autistische Züge. Trotz ihrer Lernschwäche besucht sie momentan eine heilpädagogische Schule. Die Frage nach einer geeigneten Schulbildung beschäftigt Madeleine sehr.
Frustration wegen mangelnder Anerkennung der IV
Probleme finden sich auch bei der Sozialhilfe: Da es keine Referenzen für das Syndrom gibt, ist es enorm schwierig, finanzielle Unterstützung zu erhalten. Beispielsweise lehnt die IV den Antrag auf Kleinwuchs ab, da Iolani nicht an dem der IV bekannten Kleinwuchs leidet. «Es wäre viel einfacher, wenn sie Leukämie hätte.»
Zukunft mit dem Myhre-Syndrom
Das Myhre-Syndrom ist erst seit 2011 bekannt - für Iolani gibt es keine Prognose. Bei den 56 bekannten Fällen ist nur eine betroffene Person im Erwachsenenalter, die Anderen sind Jugendliche oder Kinder.
Da die Krankheit das Bindegewebe betrifft, zeigen sich am ganzen Körper Auswirkungen. Durch die ständigen Vernarbungen wegen des Proteingendefekts kann es neben Erblinden und Hörschwäche zu einem Organversagen kommen.
Trotz des unberechenbaren Syndroms führt Iolani ein aktives Leben, sie spielt gerne Tennis und Ping-Pong oder geht schwimmen. Madeleine meint: «Iolani ist glücklich. Wäre meine Tochter nicht so stark, wäre sie nicht mehr hier.»