Wegen Blut im Stuhlgang landet Marcel (34) als Kind beim Arzt. Dieser verweist ihn ins Krankenhaus, wo er drei Wochen lang untersucht wird. Die Ursache seines Unwohlbefindens wird dabei aber nicht gefunden. Erst später erhält Marcel beim Spezialisten die Diagnose Morbus Crohn – eine chronische Darmerkrankung. Er ist damals sieben Jahre alt.
Zu dieser Zeit sind Forschungen zu Morbus Crohn kaum fortgeschritten und die Behandlungsmöglichkeiten demnach sehr klein. Marcel erhält lediglich Kortison. Das Medikament springt auf Morbus Crohn gut an, hat aber auch starke Nebenwirkungen. Er leidet an geschwollenen Backen und übermässigem Appetit. In der Schule schläft er vor Müdigkeit oftmals beinahe ein.
Ein Stoma als neuer Begleiter
Mit 12 Jahren wird Marcel operiert. Sein Dickdarm und die Hälfte seines Dünndarms werden entfernt. Folglich erhält er ein Stoma (eine auf der Bauchdecke liegende künstlich Öffnung des Darmausganges). Seine Gesundheit verbessert sich nach der Operation aber kaum. Die entfernten Organe können sich nun zwar nicht mehr entzünden, dafür leidet Marcel nun an stärkerem Durchfall, Mangelernährung und anderen Entzündungen.
Eine prägende Kindheit
Die Schulzeit war für Marcel nicht einfach und er wird wegen seiner Krankheit gehänselt. Besonders das Stoma fällt den Mitschüler*innen auf. Mit «Säcklischisser» und weiteren Beleidigungen muss sich Marcel tagtäglich herumschlagen.
Meine Schulzeit war schwierig und traurig.
Als wäre das Leben von Marcel nicht schon schwierig genug, erkrankt seine Mutter auch noch an einer genetisch bedingten Nervenkrankheit. Marcel ist ihren Stimmungsschwankungen ausgesetzt und muss sich mit ansehen, wie sich der Zustand seiner Mutter verschlechtert. Durch die Krankheit wird sie immer wieder aggressiv und schlägt ihn. Marcel lädt keine Freunde mehr zu sich ein und schämt sich für sein Zuhause. Die ehemalige Wohlfühloase wird zur Hölle.
Der tiefe Fall
Marcels Krankheit wird schlimmer. Er muss öfters auf die Toilette und hat stärkere Schmerzen. Dies hat auch Auswirkungen auf sein Sozialleben. Durch seine Krankheit bleibt er öfters zuhause und schottet sich so von der Aussenwelt ab.
In seiner Morbus-Crohn-Laufbahn probiert der heute 34-Jährige viel aus, unter anderem auch Cannabis. Dieses hilft ihm durch Zeiten, in denen er mit starken Schmerzen zu kämpfen hat. Es wirkt sich positiv auf seinen Magen und seine Muskeln aus. Als Marcel aber mit seinem Auto in eine Polizeikontrolle gerät und sein Führerschein wegen Cannabiskonsum entzogen wird, fällt er noch tiefer. Er wird depressiv und sieht keinen Sinn mehr im Leben. Das Einzige, was ihn am Leben hält, ist seine Mutter, die er nicht alleine lassen möchte.
Ich wusste, dass mich meine Mutter braucht.
Bevor sich Marcel ganz aufgibt, meldet er sich bei seiner Vertrauensperson im Spital. Sie hilft ihm, baut ihn auf und sucht einen Psychiater. Mehrere Jahre geht Marcel zur Theraphie und bekommt Medikamente gegen seine Depression.
Seither hat er sein Leben umgestellt. Mit viel Sport, einem stabilen Umfeld und einem Verein, in dem er sich viel austauschen kann, geht es Marcel nun besser. Er hilft Menschen mit ähnlichen Schicksalen und schöpft so viel Kraft für sein eigenes Leben. Seine psychische und physische Gesundheit sind heute stabil und in gutem Zustand.