Zuerst einmal: Was ist Freundschaft überhaupt?
Dr. Wolfgang Krüger: «Eine Freundschaft ist eine innige Beziehung, in der ich mich auf den anderen verlassen kann. Da weiss ich, der andere ist wirklich für mich da. Und ich fühle mich vom anderen verstanden. Wir brauchen solch' intensive Beziehungen, weil es zwei Gefährdungen im Leben gibt: Unsicherheit und Einsamkeit.
Freunde können miteinander über Ängste, Sorgen, Schwächen, peinliche Situationen und über Fantasien reden. Und dann entsteht im Laufe der Zeit so eine tiefe Freundschaft - eine Herzensbeziehung.»
Wann funktioniert eine Freundschaft zwischen Mann und Frau?
«Männer sind meistens so gepolt, dass sie eine innige Nähe über Körperkontakt herstellen. Ab einem gewissen Punkt werden viele Männer zu Jägern und probieren es dann doch: Kann man mit dieser Frau ins Bett gehen?
Damit eine Mann-Frau-Freundschaft funktioniert, muss mindestens eine von drei Voraussetzungen da sein:
- Der Mann hat eine gut funktionierende Partnerschaft
- Die beste Freundin ist nicht sein Typ
- Oder der Mann ist in der Lage, wirkliche Nähe herzustellen auch über Gespräche
Was ist der Unterschied einer tiefen Freundschaft zur Partnerschaft, ausser die körperliche Nähe?
«Es ist eine andere Konstruktion. In einer Partnerschaft ist es normalerweise so, dass es völlig klar ist, dann und dann sehen wir uns wieder. Also eine Partnerschaft ist eine Beziehung mit einer sehr geregelten Nähe . Das macht Partnerschaften auch etwas schwieriger, weil sie eine ganz andere Reibungsfläche haben.
Eine Freundschaft ist meistens eine Beziehung, in der man sich immer wieder neu verabreden muss. Das heisst, eine Freundschaft ist eine Beziehung mit einer gewissen grossen Nähe und dann hat man immer wieder Zeiten eines Abstandes .»
Warum ist ein bester Freund überlebenswichtig?
«Nur ein Drittel der Männer hat eine tiefe Freundschaft, also zwei Drittel der Männer hat keine tiefe Freundschaft , in der sie auch emotional etwas über sich erzählen können. Und ein Drittel der Frauen hat keine wirkliche Freundschaft. Das ist ein Fiasko.
Man ist dann in schwierigen Situationen entweder auf die Familie oder auf die Partnerschaft existentiell angewiesen und das kann ausgesprochen gefährlich werden.
Bei einer Trennung ist die Selbstmordrate von Männern acht Mal höher als die der Frauen . Insofern ist es lebenswichtig, dass wir Freundschaften haben.»