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Rehmann «Ich musste ihm alles geben, auch körperlich, jederzeit»

Nach einer behüteten Kindheit folgte der rasante Absturz– was mit Rückenschmerzen begann, brachte Livia (29) in die Medikamentensucht, Depression und in eine Beziehung der totalen Abhängigkeit.

Livias* erster Kontakt mit einer psychiatrischen Klinik erfolgte durch den Personaleingang: Als Fachfrau Gesundheit arbeitete sie nach ihrer Ausbildung zwei Jahre lang in einer geschlossenen Einrichtung.

Damals hätte ich mir nie denken können, dass ich irgendwann selber in der Klinik sitze – und diejenige bin, die keinen Schlüssel hat.

Sick Of Silence

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In der Sendung Rehmann S.O.S erzählen seit einem Jahr junge, kranke Menschen ihre Lebensgeschichte. Nun geben wir Menschen eine Stimme, die anonym von ihrem Schicksal erzählen möchten.

In der Webserie erzählen die Schauspieler Silvio Kretschmer und Giorgina Hämmerli solche Geschichten - genau so, wie uns diese erzählt wurden.

Die Spirale begann sich zu drehen, als Livia anfangs 20 unter starken Rückenschmerzen zu leiden begann. Ihre Ärzte konnten keine klare Diagnose stellen, Livia fühlte sich nicht ernst genommen.

Wegen ihrer Gesundheit verlor sie ihre Stelle, wurde arbeitslos und krank. Am Tiefpunkt litt sie an Depressionen sowie einer starken Medikamentensucht.

Tortur statt Liebe

Und damit nicht genug – Livias Beziehung entpuppte sich immer stärker als auswegsloses Gefängnis. Ihr damaliger Freund wusste von ihren Geldsorgen und half ihr aus – aber nicht aus gutem Willen, sondern um ihr jeden Franken akribisch als Schulden aufzuschreiben. Abgesichert hat er sich mit mehrseitigen Verträgen, die Livia jeden Monat unterzeichnen musste.

Der Betrag wuchs, die Abhängigkeit wurde immer stärker. Livia wurde zum Spielball ihres Partners. Sie musste ihm jeden Wunsch erfüllen und blieb in dieser Beziehung gefangen.

Ich konnte ihm nichts zurückzahlen, weil ich nichts hatte. Ich wollte die Beziehung mehrmals beenden, aber er sagte immer: ‹Du kannst erst gehen, wenn du deine Schulden bezahlt hast.›

Zurück ins Leben

Vor vier Jahren war Livia zugleich am Tief- und Wendepunkt ihres Lebens. Beschaffungsprobleme führten dazu, dass ihr das Morphium ausging – ein plötzlicher Entzug und darauf ein kompletter Zusammenbruch..

Ich lag in der Dusche und überlegte mir, wie lange es dauern würde, bis ich sterbe, wenn ich mir die Pulsadern aufschlitze. Dieser Gedanke machte mir so Angst, dass ich plötzlich wusste: ‹Ich will leben!›

Wir geben auch dir eine Stimme

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Möchtest auch du deine Geschichte anonym erzählen und anderen Menschen, die ähnliches erlebt haben, Mut machen?

Dann schreib uns auf sos@srfvirus.ch.

Von diesem Tag an nahm Livia ihr Leben in die eigene Hand. Sie liess sich in einer Klinik therapieren, begann mit einem geordneten Entzug ihrer Medikamente und baute nach und nach ihr soziales Netz wieder auf.

Friede Freude Eierkuchen? Nicht ganz! Ihre Schuldverträge und die Angst von einer Rückkehr ihres dominanten Ex-Freunds belasten Livia noch heute.

Und doch hat sie sich ihr Leben zurück erkämpft. Livia lebt mit Ehemann und Kind in einer glücklichen Familie und berät Betroffene mit einem ähnlichen Schicksal.

Heute kann ich sagen: Ja, ich war komplett am Boden. Aber es war nicht das Ende, sondern der Anfang.

* Name von der Redaktion geändert

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