Jeans for Jesus sind neuerdings bei einem grossen Label unter Vertrag , das Berner Quartett ist ab sofort ein «Big Deal».
Und tatsächlich: schaut man sich die Eckdaten ihres soeben erschienenen neuen Albums «P R O» an, bestätigt sich das.
Sind die Singles grosse Popsongs und wie dafür gemacht, die Charts einzunehmen? Check . Hat das Album möglichst viele Tracks, um aus den komplizierten Regeln von Streamingdiensten Profit schlagen zu können? Check . Ist der Release des Albums mit einem Gimmick verknüpft, auf das die Presse aufspringen kann? Check !
Pop first, Mundart second
Als die vier Berner vor drei Jahren mit ihrem ersten Album und Hits wie « Estavayeh » und « L.A. » aufkreuzten, war die Narrative einseitig, die «Talking Points» meistens die gleichen: «Wow, endlich wird der Mundartpop entlüftet und entstaubt!», «Hurra, endlich wird der Mundartpop ins 21. Jahrhundert katapultiert!», hiess es überall.
Auch auf «P R O» sind die Texte der Band noch immer in Mundart gehalten. Trotzdem stellt sich die Frage: Wenn die Major Lazer -artigen Beats von «Dr letscht Popsong (Gäubi Taxis im Sand)» dereinst auf eine Festivalcrowd in Ungarn, Dänemark, oder Frankreich herunterbrettern, spielt es dann überhaupt noch eine Rolle, dass Jeans for Jesus Schweizerdeutsch singen?
Dass Jeans for Jesus Mundartpop machen und dabei sogar kompliziertere Themen erfolgreich angehen können – das Flüchtlingskrise-thematisierende «Wosch no chli blibä» zum Beispiel –, wissen wir jetzt langsam. That's old news! Genau darum ist der Blick auf die musikalische Seite des Albums auch viel ergiebiger.
Den Bass auf die «11» aufdrehen
Musikalisch fahren die vier Berner auf ihrer neuen Scheibe nämlich schweres Geschütz für die gut ausgerüsteten Anlagen der Festival- und Clubbühnen dieser Welt auf.
Future Bass und Flume heissen die Referenzen.
Dazu wird – wie sich das für eine ordentliche Popband gehört – rezykliert (sogar das Baile-Funk-Sample des ersten Albums taucht wieder auf), gecovert (mit «XVII» gibt es eine schöne Mundartversion des Youth-Lagoon-Tracks «17» ) und ab und zu sogar über den Röstigraben gespienzelt.
Auf zwei Tracks von «P R O» wird nämlich französisch gesungen. Der erste davon, «Europe», erinnert an « Ella, elle l'a » von France Gall. (Das ist ein Kompliment.)
Mit «P R O» sind Jeans for Jesus zwar noch nicht endgültig «Too big to fail», aber immerhin auf dem besten Weg dazu. Und sollte daraus doch nichts werden, dann gibt's vielleicht eine erfolgreiche Karriere in der Parfümbranche. Wir drücken auf jeden Fall die Daumen.