Pornografie und Musik haben so viel gemeinsam. Nehmen wir einmal das Nutzungsverhalten des durchschnittlichen Users, der nicht weiss, was er will. Der Klassiker: «Na, auf was hab ich wohl heute Bock?». Und dann besucht man als Erstes die Distributionsseite seines Vertrauens und browst durch die Neuerscheinungen.
Geben diese nichts her, wird auf Kategorien gewechselt. Der Fächer tut sich auf, schnell «kommt» man weg vom Mainstream-Geschmack.
(Das alles weiss ich übrigens wegen einem Bekannten von mir. Der kennt einen, der wiederum einen kennt.)
So verbergen sich dann unter «Fetisch» jene Sachen, die einen eher anerzogenen Geschmack benötigen.
Und ganz ehrlich: den braucht man auch hier, um im dritten Studioalbum des in L.A. basierten Bassisten, Produzenten und Sängers Thundercat musikalische Befriedigung oder süsse Befreiung zu finden.
Drogen, Funk und gebrochene Herzen
Funk wie aus den Siebzigern, R&B, Punk, Fusion-Jazz: «Drunk», das neue Studioalbum von Thundercat, springt textlich und musikalisch quer durch die bunte Seele des Ausnahmemusikers, der in seiner Brust wohl genau so viel HC-Skater wie Hippie und Tech-Head hat.
Thundercats smoothe Kopfstimme (und das soll betont sein: bei wenigen Sängern hört es sich so mühelos, so selbstverständlich an, die höchste Stimme im Register zu benutzen) fungiert als Bindeglied zwischen den hin- und herhüpfenden Tracks. Man kann ihr, sofern man denn möchte, inhaltlich folgen, und sich ob der ehrlich-irrwitzigen Texte einen Schranz lachen.
Comb your beard, brush your teeth … beat your meat, go to sleep
Der verspielte, leicht juvenil wirkende Thundercat weicht dann aber schnell mal dem etwas Kritischeren. Er hält uns und sich selber den Social-Media-Junkie-Spiegel vor: «Thank God for technology ‘cause where would we be if we couldn't tweet our thoughts» («Bus in These Streets»).
Wie gesagt: Hör auf den Text – du wirst unterhalten und zum Nachdenken angeregt – oder hör nicht darauf, und bestaune die sexuelle Sicherheit dieser Stimme.
Miese (heisst neu: «geil») Featurings
Dass Kendrick Lamar und Thundercat gut zusammenspielen, wissen wir seit Längerem. Für die Mitarbeit an « These Walls » (von Kendricks Album «To Pimp a Butterfly») erhielt Thundercat gar einen Grammy. Und auch auf «Walk On By», dem Featuringtrack mit Kendrick auf «Drunk», zeigen sich die beiden wie Hand und Stulpe. Kendrick rasiert wie gewohnt und steigert sich nach einem Pausen-konzentrierten Anfang in eine monströse Strophe hinein.
Auch Wiz Khalifa enttäuscht nicht auf «Drink Dat». Mit Pharrell , Michael McDonald & Kenny Loggins und Kamasi Washington komplettiert sich eine wenig überraschende, aber umso erfreulichere Featuring-Liste.
Ein geiles Werk Musik – nicht für jeden, aber wenn für dich, dann obsessiv.