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A Tribe Called Quest - The Space Program
Aus Verschiedenes vom 11.11.2016.
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 41 Sekunden.
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Songs & Alben 18 Jahre nach «The Love Movement» - A Tribe Called Quest

Sie tun es noch ein letztes Mal. Nein, das wird nicht so wie bei Jay-Z oder Dr. Dre. Das wird wirklich das letzte Album der Legenden aus Queens. Eine letzte Kür, die Pflicht ihrer Musikgeschichte prägenden prä-2000er Alben ist absolviert, jetzt kommt: «We Got It from Here… Thank You 4 Your Service».

Das letzte Album von ATCQ erschien als ich 13 war. Jetzt ist man so 31, hätte es null erwartet und gab schon vor langen Jahren das Hoffen auf – und wird mit dem Wissen beschenkt, dass sich Ali Shaheed Muhammad, Jarobi White, Q-Tip und Phife Dawg dafür entschieden, der Welt nochmals ein Album zu schenken.

Phife Dawg, der im Alter von 45 Jahren im März verstarb, möge er in Hip-Hop-Frieden bei Hennessy und Cohiba ruhen, brachte den Titel «We Got It from Here… Thank You 4 Your Service» ein – und obschon die restlichen Bandmitglieder weder Vision noch Aussage im Titel kannten (da sich Phife zu Lebenszeiten nicht erklärt hatte), ehrten sie seine Absicht und einigten sich auf diese kryptischen Worte. Ich höre im Titel die gesammelte Musikwelt, wie sie sich bei ATCQ bedankt, und (es wird definitiv das letzte Album) die Männer aus Queens beruhigt: Ihr habt euren Beitrag mehr als geleistet, jetzt geniesst die Ruhe!

16 verschmitzte, Kid-in-a-Candystore-grinsende, fassungslose Glücksmomente

Das Album ist nicht zwingend für den modernen, jungen Hip-Hop-Fan, der eine relativ fixe Vorstellung davon hat, wie Rap klingt – A Tribe Called Quest klingen nicht so. Ein Kollege meinte das sei «zu 90ies, das hört sich kein junger Mensch an heute.» Das hingegen ist Schwachsinn, es werden einfach nicht zwingend Hip-Hop-Hörer sein, sondern musikinteressierte Menschen, die Kendrick und Anderson. Paak in der Sammlung zwischen James Blake und Bilderbuch stehen haben. Für den ganz jungen Rapfan ist «We Got It from Here… Thank You 4 Your Service» einfach eine Runde zu (klink dich hier ein, lieber Autotune-früher-war-alles-besser-Hater, denn für einmal bekommst du Recht) musikalisch. Für Rap-Fans (mit einem 90er-Bewusstsein), für aktive Musikkonsumenten ohne Genre-Beschränkungen: 16 Songs, 16 verschmitzte, Kid-in-a-Candystore-grinsende, fassungslose Glücksmomente.

Die utopisch guten Featurings

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  • André 3000
  • Talib Kweli
  • Busta Rhymes
  • Consequence
  • Elton John
  • Jack White
  • Kendrick Lamar
  • Anderson. Paak
  • Kanye West

Hier einige davon (ein Track für Track Review würde den Rahmen und mein Herz sprengen, es gibt zu jedem Song so viel zu sagen.) – meine Sophie’s Choice:

«Kids» ft. Andre 3000

Der Song ist keine Sekunde alt, und du hast die erste 3 Stacks Strophe im Kopf. Uff. Ein glitchiger, Game-Synth-Beat liefert Q-Tip und Andre 3000 Platz für... Wahnsinniges. Tip zitiert Andres erste Strophe mit einem kindlich quengeligen «Mommmm, I think you fuckin’ lied to me / Three Stacks said all this shit is fantasyyyy», und in der dritten lassen die beiden Über-MCs Takt auf Takt klatschen, dass es einem selig warm den Rücken runter fröstelt vor Dekadenz. (Traurig aber wahr: Outkast und ATCQ… wollten mal ein Album machen. Zusammen.)

Ein übermotivierter Busta Rhymes

Dass Busta bei einem neuen Tribe-Album dabei sein MUSS, war nicht zu erhoffen, sondern wurde fix, mit leichter impliziter Drohung erwartet. Dass er aber in der Grösse und mit der Wucht auftritt… Sweet, sweet Joy. Auf «Solid Wall of Sound» traden Phife, Tip und Busta Patois-Flows, Q-Tip flowt wie Busta, und Busta flowt besser als er selbst – eine grenzreligiöse Erfahrung für mich. Auf «Mobius» taucht nach einem zu Recht als underrated geltenden Consequence aus dem Nichts der gute alte Wut-Brüll-Busta auf, den man schon fast vergessen hatte, da schreist du vor Glück – dass er auch noch auf «The Donald» und «Dis Generation» erscheint und brilliert, das alleine macht das Album schon grossartig.

«The Space Program»

Der erste Song baut sich über fünf Minuten auf – auf einem minimalen Keyboard-Loop droppt ein Element nach dem anderen rein, Bass über Bassdrum, erst nach zwei Minuten gibt’s mal eine Snare, dann ein Clap… Die Produktion ist unglaublich. Ein ewig langer Aufbau eines Songs, der nach Tribe und 90ies klingt, stilistisch aber vom Arrangement her ultramodern kommt, klassische Strukturen scheut und dem Zuhörer immer neue Plateaus bietet, auf denen man, kaum angekommen, schon den nächsten Hügelspitz sieht.

Alle Tribe Member glänzen von A-Z, die Produktionen sind ursprungstreu und 90ies, aber sehr neu arrangiert und jedes der Features macht einen exzellenten Job - ohne dabei den Altmeistern die Show stehlen zu können. Ich bin glücklich.

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