Tuntig, verliebt ins Drama und ein Leben in Saus und Braus – etwa so stellen sich ganz viele Schwulsein vor. Woher das kommt, versteht der 23-jährige Tobi ganz und gar nicht:
Ja, es gibt Schwule, die sind tuntig. Andere sind Machos oder Bären, die ganz behaart sind überall... Bei uns gibt's alles und das ist toll.
Genau diese unwahren Vorurteile führen dazu, dass Tobi immer wieder dieselben Sätze hört. Einer davon: «Ach was, du bist schwul? So toll, jetzt hab ich endlich jemanden zum Shoppen.» «Solche Sachen kann ich nicht mehr hören», sagt er und fügt aber an: «Es gibt bestimmt Schwule, mit denen man ganz gut shoppen kann. Aber andere wollen das lieber effizient und in kürzester Zeit machen.»
Nicht nur Dark Rooms und Analsex
Doch nicht nur in ihrer Ausdrucks- und Lebensweise haben andere das Gefühl, sie wissen genau, wie Schwule ticken. Man denke ans Thema Geschlechtskrankheiten: «Bei uns Homosexuellen ist die AIDS-Krise in den Achtzigern zwar ausgebrochen, aber auch viele Heteros infizierten sich damals mit der Krankheit. Und heute leben wir in einer ganz anderen Zeit, in der es gute Prävention gibt und wir gut darüber Bescheid wissen.» Tobi ist gar der Meinung, Homosexuelle seien zum Teil besser informiert über AIDS und Kondome als Heterosexuelle.
Auch im Bett geht's bei Schwulen etwas anders zu und her als sich das die meisten ausmalen. Zum Beispiel die heterosexuelle Vorstellung, jemand muss den weiblichen, jemand den männlichen Part in einer Beziehung übernehmen.
Dieses Mann und Frau beruht auf konservativen Weltvorstellungen, die völlig absurd sind.
Und imfall: «Wir haben auch Sex im Bett und auf dem Küchentisch und im Badezimmer, das muss nicht immer im Club sein.» Wer beim Gedanken an Geschlechtsverkehr von Schwulen – der übrigens nicht immer mit Penetration der Analregion zu tun haben muss – immer an Dark Rooms denkt.
Schwulsein – auch im heutzutage ist's manchmal mühsam
«Es gibt Eltern, die homophob sind. Andere möchten nicht, dass ihr Kind schwul wird, weil sie nicht wollen, dass es diskriminiert wird.» Und genau diese gefürchtete Diskriminierung ist auch 2017 noch allgegenwärtig: «Wenn ich auf der Strasse einen anderen Mann küsse oder ihn an der Hand halte, werden mir Dinge nachgerufen.», erzählt Tobi. Und er erinnert sich an einen Vorfall, bei dem ihm ein Energy Drink angeschüttet wurde – weil er am Zürcher HB einen Mann geküsst hat.
Eigentlich wünscht sich der Student nur, dass in unserer Gesellschaft alles akzeptiert wird: Egal ob schwul, hetero, bisexuell, lesbisch, trans- oder intersexuell:
Ich möchte, dass wir einfach alle zusammen leben und uns so akzeptieren, wie wir sind.
Doch: So lange «Iiih, das ist voll schwul» auf dem Schulhof noch ein Begriff ist und Beleidigungen wie «schwule Sau» oder «Schwuchtel» umher geworfen werden, sei die Gesellschaft noch nicht ready und müsse sich weiter verändern, findet Tobi.