Ein bisschen Geschichte
Die ersten Juden besiedelten die Schweiz gleichzeitig mit den Römern, etwa im vierten Jahrhundert vor Christus. Heute leben etwa 20'000 Juden in der Schweiz – die meisten davon im Raum Zürich und als Schweizer Staatsbürger.
Trotzdem werden jüdische Frauen und Männer immer noch häufig als Fremdkörper wahrgenommen. Der Grund dafür, behauptet der Volksmund, ist die Überheblichkeit der Juden – und ihr Wunsch, unter sich zu bleiben. «Ja, dieser Eindruck entsteht manchmal» sagt Shay, «insbesondere orthodoxen Juden sagt man einen gewissen Separatismus nach. Aber: die meisten davon haben einen ganz normalen Job und sind somit alles andere als ‹nicht integriert›. Sie sehen halt einfach anders aus».
Selber ist Shay übrigens modern-orthodox – eine Strömung im Judentum, welche orthodox-jüdische Regeln, Werte und Gesetze mit dem Leben in einer modernen, westlich-sekulären Gesellschaft zu vereinen versucht.
Von Juden und Extrawürsten
Natürlich bringt diese Vielzahl von religiösen Regeln, die Shay in seinem Alltag befolgen muss, auch eine Vielzahl von Extrawünschen (oder Extrawürsten) mit sich. «An jüdischen Feiertagen oder Samstagen konnte ich bespielsweise nicht zur Schule gehen. Und wenn deswegen eine Prüfung verschoben werden musste, dann hat das meine Mitschüler natürlich manchmal geärgert.» Dafür hat Shay Verständnis – aber: «Bedürfnisse sind halt verschieden. Und wir können uns eigentlich doch alle glücklich schätzen, in einem Land zu leben, in dem jeder nach seinen Bedürfnissen leben kann. Ich finde das bereichernd und schön.»
Antisemitismus in der Schweiz
Grundsätzlich findet Shay das Leben als Jude in der Schweiz aber sehr angenehm. «Es gibt Länder, in denen die Armee Synagogen bewachen muss. Von daher würde ich sagen, dass es in der Schweiz nicht besonders viel Antisemitismus gibt», sagt Shay. Dennoch macht er ab und zu schwierige Erfahrungen, die auf seine Religion zurückzuführen sind:
Manchmal werde ich auf der Strasse schräg angeschaut, wegen der Kippa, die ich trage. Und es wurde mir auch schon ‚Heil Hitler’ aus vorbeifahrenden Autos nachgerufen.
«Manchmal werde ich auf der Strasse schräg angeschaut, wegen der Kippa, die ich trage. Und es wurde mir auch schon ‹Heil Hitler› aus vorbeifahrenden Autos nachgerufen.» Ausserdem dauere es manchmal etwas länger, bis er in neuen Gruppen Anschluss finde – an der Uni, zum Beispiel. «Das liegt aber meistens nicht an unterschwelligem Antisemitismus, sondern an einfachen, praktischen Dingen. Zum Beispiel daran, dass ich aufgrund der jüdischen Essensregeln nicht einfach überallhin zum Mittagessen mitgehen kann.» Meist gebe sich das aber schnell:
Andere sind Vegetarier – ich esse halt koscher. Wo liegt da das Problem?
Shay sieht darin kein Problem, denn während sich andere vegetarisch ernähren, esse er halt koscher.