Raphael Kaufmann ist 23 und im Thurgau aufgewachsen. Von dort hat es ihn nach Zürich verschlagen. Mit seinem Dialekt in Zürich als Mostindier aus der Pampa verschrien, machte Raphael erstmals sonderbare Erfahrungen in der Stadt.
Zog man früher nach Zürich, nahm man eine Zahnbürste und ein Nachthemd mit. Heute muss man an ein WG-Casting, um ein Zimmer für 1000 Fr. zu bekommen.
Das ist auch die Rahmengeschichte hinter seinem Slam. Ihm gefällt es aus seiner Komfortzone, dem Thurgau, herauszukommen. Doch ein Leben lang in Zürich bleiben? Kommt für ihn nicht in Frage.
Bünzlitum
Raphael hängt gern den etwas zurückgebliebenen Dorfbub raus. Dass er das nicht ist, beweisen spätestens seine Texte, die er in völlig überspitztem Thurgauerdialekt mit dröhnendem Organ zum Besten gibt. Sein allererster Text handelte schon von seinem Lieblingsthema: dem Bünzlitum. Diesen trug er in Kreuzlingen im Thurgau vor – was nicht so gut ankam. «In den Städten komme ich viel besser an. Inhaltlich habe ich nicht viel zu bieten – nur meinen Thurgauer Dialekt», schmunzelt Raphael ironisch. Und dieser ist ihm selbst schon fast verleidet.
Die Sättigungskurve geht steil nach oben bei mir. Wenn ich mir selbst zuhören müsste, wär ich mir sehr schnell verleidet.
Sprachgefühl, Wortwitz und eine unglaublich gute Beobachtungsgabe hat Raphael nebst seinem Dialket aber auch noch zu bieten. Wenn er Texte schreibt, achtet er darauf, nicht nur Schenkelklopfer zu liefern. Die Schwierigkeit ist, abzuschätzen, was bei den Leuten ankommt – abgesehen vom übertriebenen Dialekt.
Poetry Slam ist wie ein Adventskalender: Man weiss nie, wo die Zuschauer lachen.
Raphael ist recht selbstkritisch. Er beschränkt seinen Stil auf die Schweiz – natürlich des Dialektes wegen. Deshalb hat er Respekt vor Slammern, die auch in Deutschland und Österreich Erfolge feiern mit ihrem breiter zugänglichen Humor. Doch deswegen seinen Stil zu verändern, kommt für Raphael genau so wenig in Frage, wie nicht wieder in den Thurgau zurückzuziehen.