Bruno Fröhlich: Sie leben seit 5 Jahren in Spanien. Was war der Grund für Ihr Auswandern?
Ich lebte zuvor 20 Jahre auf der Insel Lesbos. Ich hatte dort ein eigenes Juweliergeschäft. Für mich war es ein vollkommener Neubeginn, da ich keinerlei Branchenerfahrung hatte. Ich ging damals nach Lesbos, weil ich in der Schweiz arbeitslos war und nicht von der Sozialhilfe leben wollte. So packte ich die Chance, die mir das Schicksal bot.
Im April 2010 schloss ich mein Juweliergeschäft auf Lesbos, die Zukunftsaussichten auf Lesbos waren schlecht. Damals hatte ich Kontakt zu einer Deutschen, die mit ihrem Mann in Pego an der spanischen Costa Blanca lebte. Sie meinte, Spanien wäre doch eine Option für mich. Dies war das zweite Mal, dass das Schicksal es gut meinte mit mir. Ich habe den Schritt noch keine Sekunde bereut.
Was macht das Leben lebenswerter in Spanien?
Meine AHV, im Schnitt 1400 Euro monatlich, ermöglicht mir ein « königliches Leben» mit einer 80 Quadratmeter grossen Wohnung, zwei Balkonen, voll möbliert für 450 Euro plus Nebenkosten von 200 Euro (Strom, Wasser, Internet). Auch das Essen ist günstig und kostet fast halb so viel wie in Griechenland, wo die Preise heute ähnlich hoch sind wie in der Schweiz. Ganz besonders schätze ich die Herzlichkeit und die Lebensfreude der Spanier. Es gibt kein Jammern über die Krise.
Was macht Ihnen das Leben schwer in Spanien?
Im Prinzip nichts. Anfänglich machte mir die hohe Luftfeuchtigkeit im Sommer - im Vergleich zu Lesbos mit gleich hoher Hitze, aber sehr trocken – sehr zu schaffen. Nun hat sich der Körper dran gewöhnt.
Man kann sich das Leben in jedem Land der Welt schwer machen, wenn man es dauernd mit der alten Heimat vergleicht, nörgelt und glaubt, da hätte sich einiges zu ändern. Wer auswandert, ist Gast im neuen Land und hat die Menschen, die Kultur und den Alltag zu akzeptieren oder soll wieder die Koffer packen und ab nach irgendwo oder ins « Paradies Schweiz». Es gibt an der Costa Blanca auch viele deutsche Rentner, die in Spanien alles schlecht finden, gleichzeitig aber auch nicht mehr in die alte Heimat Deutschland zurück wollen. Ein immerwährendes Unzufriedensein, das ich nicht verstehe!
Sie sind heute 80 Jahre alt, brauchen vielleicht in ein paar Jahren Pflege, eine bessere Absicherung, etc. Welche Gedanken machen Sie sich hierzu?
Ich habe mich kundig gemacht und weiss, dass es in Pego ein Haus mit betreutem Wohnen aller Stufen bis zur Pflege gibt. Die Kosten sind derzeit so, dass es bezahlbar wäre mit der AHV. Der einzige Grund für eine Rückkehr in die Schweiz wäre eine Schwersterkrankung. Ein Gedankenspiel, das auch mit der Sprache zu tun hat. Aber vielleicht ist mein Spanisch bis dann, also bis zur Pflegebedürftigkeit, gut genug, um zu bleiben.
Sie kennen viele andere Auswanderer: Welche Fehler machen Auswanderer? Wann "misslingt" das Auswandern?
Meine Meinung und Erfahrung aus vielen Gesprächen auf Lesbos mit Kunden vieler Nationen mit Auswanderungsträumen: Der Grundstein des «Misslingen» ist gelegt mit falschen Vorstellungen. Man nimmt sich mit wie man ist in das neue «Paradies», trifft auf Menschen mit Stärken und Fehlern wie überall, dazu kommt eine andere Kultur, und entscheidend, vielleicht eine unbekannte Sprache. Letztere ist die unerlässliche Brücke, um am Leben teilzunehmen, unerlässlich für Freude wie auch bei auftauchenden Problemen.
Nochmals: Man ist Gast und hat sich anzupassen und nicht umgekehrt. Man sollte dies vom Gastgeber nicht erwarten. Wer diese Offenheit nicht leben kann, sollte besser nie die Koffer packen. Denn allein wegen mehr Sonne oder finanziellen Vorteilen ändert sich nichts am eigenen Leben. Neugierig sein und sich auf das Fremde einlassen, ein Schlüssel zum Glücklichsein als Auswanderer!