Medienclub: Donald Trump beherrscht die Medien mit seinem polternden, provokativen und polemischen Stil. Sehen Sie auch in der Schweiz ähnliche Tendenzen im Wechselspiel Politik/Medien?
Widmer-Schlumpf: Auch bei uns besteht die Tendenz, die Lauten in den Medien mehr zu Wort kommen zu lassen, der «Attraktivität» des Auftritts und der News mehr Bedeutung beizumessen als dem Inhalt.
Viele Medienschaffende argumentieren: Mit emotionaleren Zugängen und Vereinfachungen könne man mehr Menschen für Politik interessieren. Was halten Sie davon ?
Emotionen gehören dazu, auch in der Politik. Fragwürdig wird es, wenn mit den Emotionen der Menschen gespielt wird und wenn diejenigen, die dies tun, allein oder mehrheitlich das Sagen haben.
Haben Politikerinnen einen schwereren Stand in den Medien als ihre männlichen Kollegen ?
Fachkenntnisse von Politikerinnen werden bei Medienkontakten schnell als lehrerhaft und belehrend qualifiziert; bei Politikern sind die Qualifikationen hierfür wohlwollender. Auch greifen Journalisten bei Politikerinnen als Spaltenfüller gern auf ihr Äusseres zurück, auf ihre Frisur, ihre Schuhe... Bei Männern habe ich das nie erlebt.
Wenn man die immer grössere Geschwindigkeit der Medien - auch der sozialen Medien - in Betracht zieht: Sind Sie gar froh, nicht mehr in der Politik tätig sein zu müssen?
Meine politische Arbeit habe ich freiwillig und sehr gern gemacht, unabhängig von der Geschwindigkeit der Medien, die in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Ich kann aber sehr gut damit leben, nicht mehr Gegenstand von Äusserungen und Beurteilungen in den Medien zu sein.
Der «Medienclub» heute Abend um 22.25 Uhr und bereits ab 20 Uhr online.