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SRF DOK Das schwierige Verhältnis der Schweiz zu Carl Lutz

Carl Lutz rettete während des 2. Weltkriegs Zehntausende von ungarischen Juden vor dem sicheren Tod. Zurück in der Schweiz erwartete ihn statt Dank eine Rüge wegen Kompetenzüberschreitung. Warum tut sich die Schweiz so schwer mit Persönlichkeiten, die ihrem Gewissen statt ihrem Pflichtenheft folgen?

Car Lutz' humanitäre Aktion gilt als grösste zivile Rettungsaktion für Juden während des Holocausts. Der eher ängstlich und schwächlich veranlagte Lutz riskiert während seiner Schutzaktion mehrmals sein Leben, indem er und seine Frau Gertrud sich zwischen bedrohte Juden und ihre faschistischen Häscher stellen.

Anerkennung nur im Ausland

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Daniel von Aarburg

Daniel von Aarburg arbeitet als Redaktor, Produzent und Autor auf der Kulturredaktion des Schweizer Fernsehens. Seit 2000 ist er freischaffender Filmemacher.

Während seiner Rettungsaktion verliebt sich der verheiratete Vize-Konsul zudem in die junge Jüdin Magda Grausz, eine seiner Schutzbefohlenen. Nach Kriegsende lässt er sich scheiden, heiratet in Budapest Magda und zieht mit seiner zweiten Frau und deren Tochter nach Bern. Statt des Danks der Heimat erwartet ihn dort eine Rüge wegen Kompetenzüberschreitung und Spesenrittertums. Lutz’ Berichte über seine Rettungsaktion werden von seinen Vorgesetzten ignoriert, er selbst wird in subalterne Stellung im Aussenministerium abgeschoben.

Im Ausland wird Lutz’ Leistung dagegen schnell anerkannt. Israel ernennt ihn als ersten Schweizer zu einem «Gerechten unter den Völkern», die Bundesrepublik Deutschland verleiht ihm ihre höchste Auszeichnung, das Grosse Bundesverdienstkreuz, die Vereinigten Staaten ehren ihn bereits drei Jahre nach dem Krieg mit der «Liberty Medal» für besonderen Mut. In der Schweiz wird Lutz zu Lebzeiten jede offizielle Anerkennung versagt bleiben. Mit einer Ausnahme: 1963 ernennt ihn seine Heimatgemeinde Walzenhausen in Appenzell Ausserrhoden zu ihrem Ehrenbürger.

Verbittert und und enttäuscht

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Die fehlende Anerkennung in seiner Heimat wird tragischerweise zur eigentlichen

Obsession des «späten» Carl Lutz. Bis zu seinem Tod wird er verbittert und vergeblich für seine «Rehabilitierung» kämpfen. Über Mittelsmänner versucht er, sich anfang der Siebzigerjahre sogar für den Friedensnobelpreis vorschlagen zu lassen. Vergeblich. 1975 stirbt Lutz einsam und unversöhnt mit jener Heimat, die ihm so wichtig war.

Erst 1995, zwanzig Jahre nach seinem Tod, wird Carl Lutz zusammen mit dem St.Galler Polizeikommandanten Paul Grüninger von Parlament und Bundesrat offiziell «rehabilitiert». Wohl nicht zufällig in jenem Moment, in dem die Schweiz international in die Kritik wegen der sogenannt nachrichtenlosen jüdischen Vermögen auf Schweizer Bankkonti geraten war. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, in dem sich auch die offizielle Schweiz gerne «ihrer» Helden erinnerte, die in einem Akt der Zivilcourage ihrem Gewissen mehr Gewicht als der sturen Pflichterfüllung gegeben hatten.

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