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Einstein Online Hunderte neue Seen nach der Gletscherschmelze

Bis zu sechshundert neue Gletscherseen in der Schweiz: Dieses Szenario sagen Zürcher Geografen voraus. Ihr neues Computermodell ermöglicht, Gefahren und Chancen durch den Landschaftswandel abzuschätzen.

Unterschiedlichste Klimamodelle kommen zum einen Schluss: Die Gletscher könnten bis zum Ende des Jahrhunderts bis auf kleine Reste abgeschmolzen sein. In den gesamten Schweizer Alpen werden dadurch laut Modellrechnungen von Forschern am Geographischen Institut der Universität Zürich 500 bis 600 Becken entstehen – mit einer Fläche von insgesamt bis zu 60 Quadratkilometern. In all diesen Becken können sich grosse und tiefe Seen bilden.

Diese neuen Gewässer könnten Tiefen von bis zu 300 Metern erreichen. Zum Vergleich: Der Zürichsee ist an seiner tiefsten Stelle nicht einmal halb so tief. Und das Volumen der Seen könnte bis zu 250 Millionen Kubikmeter erreichen, etwa so viel Wasser wie im Lac d’Emosson, dem zweitgrössten Stausee der Schweiz.

Landschaft mit Charme – und Gefahren

Die Seen dürften wohl schön anzuschauen sein, doch ihre Entstehung birgt auch Risiken: Wenn die Gletscher dereinst abgeschmolzen sind, entfällt auch der Druck, den sie auf die umgebenden Felswände ausüben – grosse Felssturzgefahr ist die Folge. Wie 2009 beim unteren Grindelwald-Gletscher geschehen, können sich in dieser Umgebung tonnenschwere Felsbrocken oder sogar ganze Bergflanken ablösen.

Wenn solche Massen in einen See stürzten, würden sie so genannte Schwallwellen auslösen, die leicht ganze Talschaften überfluten könnten. Schon heute besteht deshalb in gefährdeten Regionen Handlungsbedarf, und dazu liefert das einzigartige Modell Grundlagen.

Chancen für Tourismus und Wasserkraft?

Das Forschungsprojekt, das der Schweizerische Nationalfonds finanziert, soll aber auch die Chancen im Umgang mit den künftigen Gletscherseen aufzeigen – nicht nur für den Tourismus, sondern auch für die Energiewirtschaft. Deshalb werden auch Aspekte wie das Wasserkraft-Potenzial der Seen untersucht.

Für die langfristige Planung zur Nutzung der neuen Alpenseen dürfte das Computermodell auch deshalb hilfreich sein, weil viele Konzessionen für die Produzenten von Strom aus Wasserkraft in den kommenden 10 bis 20 Jahren ablaufen und erneuert werden müssen.

Der Beitrag zum Thema: «Einstein» vom 13. September 2012

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