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Einstein Online Nanoteilchen in der Umwelt: Endlich gibt es Fakten

Sie sind im Tennisschläger enthalten, im Ski, in der Sonnencreme oder im Laptop: Nanopartikel stecken in vielen Produkten. Doch was, wenn sie freigesetzt werden? Sind sie dann ein Risiko für den Menschen? Viel Halbwissen kursiert um diese Frage. Ein Empa-Forscher schafft Zahlen und Fakten.

Der Tennisschläger bricht und wird entsorgt, die Sonnencreme wäscht man ab und den Abfluss hinunter, das Laptop wird nach ein paar Jahren rezykliert. Ein Teil aller verarbeiteten Nanopartikel in unseren Alltagsprodukten könnte also irgendwann in die Umwelt gelangen. Doch in welchen Mengen geschieht das? Dazu gab es noch keine verlässlichen Zahlen. Bis jetzt.

Bernd Nowack hat verschiedene Berechnungs-Modelle entwickelt. Der Umweltwissenschaftler der Forschungsanstalt EMPA in St. Gallen will so mögliche Konzentrationen von Nanopartikeln in der Umwelt für die Schweiz abschätzen. Für seine Berechnungen hat er tausende Datensätze aus Industrie und Produktion zusammengetragen.

Wir wissen heute viel darüber, wie sich Nanopartikel in der Umwelt verhalten. Aber wir wissen noch sehr wenig darüber, wie viel Nanomaterial tatsächlich in die Umwelt gelangt.
Autor: Bernd Nowack

Der Empa-Forscher muss mit Wahrscheinlichkeiten arbeiten, denn zurzeit gibt es noch keine verlässlichen Methoden, um Konzentrationen von Nanopartikeln in Umweltproben bestimmen zu können. Nowack schaut sich deshalb die Lebenszyklen verschiedener Produkte genauer an und berechnet, wie viele Nanopartikel eigentlich produziert werden und wie diese Partikel in Umlauf gelangen.

Beispiel 1: Carbon-Nanotubes – 448 kg

Die länglichen Kohlenstoff-Nanoröhrchen, die sogenannten Carbon-Nanotubes (CNT), werden in vielen elektronischen Geräten verwendet. Sie machen Materialien leitfähig oder besondere bruchfest. CNT sind vor allem beim Einatmen problematisch: Ihre längliche Struktur ähnelt der von Asbest-Fasern, auch CNT können in der Lunge hängen bleiben und Schaden anrichten. 325 Kilogramm landen am Ende im Recycling, wo ein Teil auch wieder freigesetzt werden könnte.

Beispiel 2: Silber-Nanopartikel – 225 kg

Die winzigen Teilchen werden oft in Textilien verwendet: Dort absorbieren sie Schweiss und Geruch oder reinigen schneller. Ein Teil des verarbeiteten Nanosilbers wird beim Waschen ausgewaschen und gelangt ins Abwasser. Weil Silber ist in seiner Nanostruktur toxisch und für den Menschen ein Risiko ist, ist es wichtig zu wissen, wo es hingeht. 66 Kilogramm Nanosilber landen jedes Jahr in Schweizer Kläranlagen.

Was, wenn die Kleinstpartikel einfach durch die Anlage hindurchrutschen oder gar den biochemischen Abbauprozess ausser Betrieb setzen? Die Eawag hat das untersucht und gibt Entwarnung: 95 Prozent aller Silber-Nanopartikel werden innert Minuten bis Stunden sulfidisiert und an den Klärschlamm gebunden. Sie werden also gefiltert und gelangen kaum in die Gewässer.

Beispiel 3: Titandioxid - 337 Tonnen

Titandioxid steckt als chemischer Sonnenschutz in Sonnencremes, die keinen organischen UV-Filter haben. 209 Tonnen gehen ins Abwasser, wovon insgesamt 33.7 Tonnen letztlich in unseren Seen und Flüssen landen. Bernd Nowack hat berechnet, dass dort die Belastung durch Titandioxid-Nanopartikel im Mittel bei einigen Milliardstel Gramm, im Maximum bei ein paar Millionstel Gramm pro Liter liegt.

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