06:30 Uhr: Der Tag erwacht langsam, als unser Fahrer uns vor dem Hotel in Luxor, nahe des Nils, auflädt und mit Sack und Kameras Richtung Tal der Könige fährt. Kaum verlassen wir das Niltal, wird die Landschaft karger. Wüste. Schliesslich türmen sich vor uns die Hügel auf, in die das Tal der Könige gebettet ist.
Unser Fahrer bringt uns in einen Seitenarm des Tals. Das «Schweizer Tälchen» wie es die Wissenschaftler der Uni Basel liebevoll nennen. Im «Schweizer Tälchen» haben sie die Bewilligung zu graben und sind dabei in den vergangenen Jahren immer wieder auf sensationelle Funde gestossen. Funde, die ich bald mit eigenen Augen sehen werde.
Exklusiver Einblick in die Forschungsarbeit
Wir begleiten für unsere Sendung die Ägyptologin Susanne Bickel. Die 59-Jährige wird uns von «Einstein» in den nächsten Tagen einen einzigartigen Einblick in die wundersame Welt der alten Ägypter geben. Deren Kultur und Geschichte ziehen Bickel seit Jahren magisch in ihren Bann. Seit Jahrzehnten zieht es sie regelmässig für einige Wochen in ihre zweite Heimat, um dort zu forschen. Ich freue mich sehr auf dieses Abenteuer, den exklusiven Einblick in die Forschungsarbeit der Schweizer.
Es wird das erste Mal sein, dass ich eine Mumie hautnah sehe. Und ganz besonders freue mich auf den letzten Tag. Dann werden wir die Chance haben, erstmals einen Blick in ein seit Jahrhunderten verschüttetes Grab zu werfen.
Im Bauch des Tals der Könige
Heute nimmt mich Susanne Bickel mit in eines der Gräber, die das Schweizer Team entdeckt hat. Ich klettere acht Meter in die Tiefe und staune. Es ist für mich unvorstellbar, wie es die alten Ägypter vor 3500 Jahren mit einfachsten Mitteln schafften, solche Kammern tief in den Fels zu schlagen. Mir fällt auf, dass der Kalkstein an der Decke und oben an den Wänden völlig schwarz ist. Es sieht aus, als hätte es einst gebrannt. Susanne Bickel klärt mich auf (Video):
Susanne Bickel und ihr Team erforschen dieses Grab bereits seit 2011. In mühevoller Arbeit haben sie alle gefundenen Einzelteile analysiert und erfasst. Dabei fanden Sie unter anderem heraus, dass in diesem Grab wohl Familie und Gefolge von Pharao Amenophis dem Dritten bestattet worden waren.
Zurzeit arbeitet ein Team von Anthropologen um den Evolutionsmediziner Frank Rühli in diesem Grab. Die Anthropologen sollen die Sicht der Ägyptologen ergänzen - interdisziplinäre Wissenschaft. Mit geballtem Know-How aus den beiden Fachgebieten wollen die Forscher nocht tiefer in die Geschichte dieses Grabes eintauchen können, mehr über die Vergangenheit der Menschen erfahren, die hier bestattet wurden.
Rühli geht in eine der Kammern, in der rundherum Regale stehen. Aus einem der Regale starren mich leere Augenhöhlen an. Ein Schädel, umgeben von lederner Haut. Ein Stück von einer Mumie, die durch die Grabräuber zerstört wurde, weil diese den Schmuck der Mumien stehlen wollten. Ich entdecke weitere Schädel in den Regalen. Ingesamt haben die Forscher in diesem Grab die Überreste von 80 Menschen, darunter auch Kindern gefunden. Eine morbide Szenerie in diesem Raum, gleichzeitig aber auch faszinierend. Die durch die Mummifizierung konservierten Gesichter sehen noch immer so menschlich aus – auch nach 3500 Jahren noch.
Danach holt Rühli ein Stück Etwas aus dem Regal. "Wissen Sie was das sein könnte?" fragt er mich. Es sieht auf den ersten Blick aus wie ein knorriges Stück Holz. Aber bei näherem Betrachten wird mir klar: Das ist ein menschlicher Torso. Ich erkenne einen Teil des Beckenknochens, einige Rippen. In der Bauchhöhle stecken Bandagen, die die alten Ägypter nach Entnahme der Organe in die Hohlräume steckten. Vorsichtig bettet Rühli den Torso unter den mobilen Röntgenapparat, der dabei hilft, einen Einblick ins Innere der Mumienteile zu erhalten. Mir fällt auf, wie bedächtig er mit den Mumienteilen umgeht. «Es sind nach wie vor Menschen, auch nach 3500 Jahren noch. Ihnen gebührt Respekt», erklärt Rühli. «Diese Menschen helfen uns heute Krankheiten besser zu vestehen.» Ich stutze. Wie soll das gehen?
Morgen im Tagebuch: Ein Fund, der die Forscher aus den Socken haut...
Zum Tagebuch-Eintrag von gestern: Die Krux mit der Drehbewilligung