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Einstein Online «Ändert sich der Name einer Variablen, sind sie aufgeschmissen»

Bei vielen Schülern, die das Gymnasium abschliessen, hapert es bei der Mathematik. Das soll sich ändern. Franz Eberle, Professor an der Universität Zürich, hat zusammen mit seinem Team herausgefiltert, welches mathematische Wissen und Können für ein Studium vorhanden sein muss.

Basale fachliche Kompetenzen:

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Mit diesem Begriff ist fachliches Wissen und Können gemeint, das für viele Studiengänge als absolut grundlegend erachtet wird. In Mathematik gehören dazu etwa das Bruchrechnen, Potenz- und Logarithmengesetze, Elementar-Geometrie, Trigonometrie und das Einmaleins, aber auch die sogenannten Ableitungen.

SRF «Einstein»: Herr Eberle, Sie haben ausgearbeitet, welche Mathekenntnisse an Gymnasien zwingend sein sollten – als Leitlinien für die Erziehungsdirektoren-Konferenz. Wozu?

Franz Eberle: Das ist jenes mathematische Wissen und Können, das für viele Studienfächer unabdingbar ist. Es muss im Lehrplan besonders bezeichnet sein und alle Schüler sollten dort mindestens genügende Noten schreiben. Mathematik braucht es nicht nur für die ETH. Auch für Studien wie Wirtschaftswissenschaften und Psychologie ist sie von Bedeutung. Zum Beispiel ist solides Algebra-Wissen in diesen Studienrichtungen sehr wichtig.

Was läuft denn im heutigen Mathematik-Unterricht an den Gymnasien schief?

Eigentlich läuft nichts schief. Aber Mathematik stellt besondere Anforderungen. Die streng formale mathematische Sprache lässt keine Unschärfen und Ungenauigkeiten zu. Deshalb sind Fehler häufiger und mehr Schüler machen negativ-frustrierende Erfahrungen, sodass die Motivation häufiger sinkt.

Die Förderung des mathematischen Selbstvertrauens ist besonders wichtig.

Wenn zudem einmal Lücken vorhanden sind, dann sind sie nur schwierig wieder aufzuholen, und es braucht dazu Durchhaltewillen. Mathematikunterricht ist deshalb für Lehrer anspruchsvoll. Die Förderung des mathematischen Selbstvertrauens ist besonders wichtig. Mehr Erfolgserlebnisse verschaffen, Anwendungsbezüge herstellen und Phänomene aus dem Alltag mathematisch erklären. Das würde die Motivation sicher fördern.

Zur Person:

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Legende: SRF

Franz Eberle, geboren 1955 in Flums, ist Professor und Erziehungswissenschaftler an der Uni Zürich. Er gilt als Kapazität, wenn es um Gymnasialpädagogik geht. Zudem ist er Direktor für Lehrerinnen- und Lehrerbildung an Maturitätsschulen. Einer seiner Forschungsschwer-punkte im Bildungssystem ist der Übergang vom Gymnasium an die Universität.

Wo liegt Ihrer Meinung nach das grösste Defizit bei den Grundkenntnissen?

In der Algebra – ein Bereich, der unabdingbar für sehr viele Studienfächer ist. Und zwar ein grundsolides Verständnis davon. Zu viele Schüler können Formeln nur rein mechanisch anwenden. Sobald sich der Name einer Variablen ändert, sind sie aufgeschmissen. Das reicht natürlich nicht: Sie müssen auch verstehen, was Formeln und Gleichungen bedeuten. Da gibt es noch Nachholbedarf.

An den Gymnasien wird Mathematik auf hohem Niveau gelehrt. Ist es notwendig, dass alle Schüler diesen Mathe-Unterricht erhalten, auch wenn sie zum Beispiel ein Gymnasium mit sprachlichem Schwerpunkt machen?

Auch Schüler mit sprachlichem Schwerpunkt erhalten mit der Matura den Zutritt zu allen Studiengängen. Dafür müssen sie gerüstet sein, nicht nur zum Beispiel für Sprachwissenschaft. Für viele Studienrichtungen ist Mathematik wichtig. Viele Schüler wissen ja bei der Wahl des Schwerpunkts noch nicht, was sie studieren möchten. Zudem gehört Mathematik ganz einfach zur Allgemeinbildung.

Heute fehlt die Informatik, ein Anwendungsbereich der Mathematik, weitgehend im Unterricht der Gymnasien. Müsste er nicht Bestandteil einer modernen Ausbildung sein?

Ich persönlich finde, dass an den Gymnasien Informatik als eigenes Fach unterrichtet werden sollte. Informatik hat heute eine enorme Bedeutung im Alltag; sie verändert die Welt so stark, dass man ihre Grundlagen kennen sollte. Meiner Meinung nach sollte deshalb heute ein allgemein gebildeter Mensch etwas von der Wissenschaft Informatik verstehen. Studenten sollten zudem in Computerbelangen fit sein; auch das gehört auch zu den basalen Kompetenzen für allgemeine Studierfähigkeit.

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