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Einstein Online Es wird eng!

Am 3. März 2013 stimmt die Schweizer Bevölkerung über die Revision des Raumplanungsgesetzes ab. Der Tenor unter Raumplanern und Architekten ist klar und deutlich: Es braucht dieses Gesetz.

In der Schweiz leben immer mehr Menschen, und diese Menschen leisten sich immer mehr Wohnraum pro Person. Das ist so, weil es den meisten von uns gut geht. Und wem es gut geht, der träumt von einer grosszügigen Wohnung oder den eigenen vier Wänden, am liebsten mit eigenem Garten, im Grünen, gut erschlossen, nicht allzu weit entfernt von den grossen Zentren, aber trotzdem ruhig. Das ist die gute Nachricht.

Die schlechte: Das Resultat der Verwirklichung dieser Träume ist unübersehbar. Die Zersiedelung unseres Landes schreitet voran; das Schweizer Mittelland wird mehr und mehr zu einer einzigen Stadt, zu einem riesigen Agglomerationsbrei.

Das Versagen der Schweizer Raumplanung

Dass es so weit kommen konnte, liegt vor allem am Vollzug der Gesetzgebung in der Raumplanung. Sonderbewilligungen für Neubauten im Grünen waren eher die Regel als die Ausnahme. Hans-Georg Bächtold, Generalsekretär des Schweizerischen Ingenieur und Architektenvereins SIA, sagt es gegenüber «Einstein» deutlich: «Bund, Kantone und Gemeinden haben versagt.»

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Verfehlte Baupolitik schon in den 70er-Jahren
Aus Einstein vom 30.10.2012.
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Deshalb braucht es endlich ein griffiges Raumplanungsgesetz. Die Siedlungsflächen müssen klar begrenzt und die bestehenden Städte und Dörfer müssen nach innen verdichtet werden. Das hat nichts mit Verlust von Lebensqualität oder dem Bau von Wohnsilos zu tun. Verdichtung ist ein ambitioniertes, aber plan- und machbares Vorhaben.

Dichter bauen ohne Verlust von Wohnqualität

Zwei einfache Rechnungen machen es deutlich: 60 Einwohner pro Hektare sind eine gesunde Dichte im ländlichen Raum, bei der sich niemand eingeengt fühlt und die genügend Freiräume für Grünflächen lässt. Im Kanton Aargau leben durchschnittlich nur 45 Einwohner pro Hektare. Also wäre es dort mit den richtigen Massnahmen zur Verdichtung möglich, 30 Prozent mehr Menschen auf der bestehenden Siedlungsfläche wohnen zu lassen, ohne dass die Lebensqualität abnehmen würde.

Allerdings müssen wir unseren persönlichen Bedarf an Wohnfläche reduzieren: 50 Quadratmeter beanspruchen wir heute pro Kopf; 40 täten es bei weitem. So kämen wir zu 20 Prozent zusätzlichem Wohnraum. Natürlich funktioniert Verdichtung nicht mit einer simplen Dreisatzrechnung. Aber dass heute immer noch so viele Einfamilienhäuser gebaut werden, ist schlicht nicht mehr zeitgemäss.

Bauvorschriften als ständige Hindernisse

Auch in ländlichen Gebieten muss der Bau von Mehrfamilienhäusern, die den gleichen Komfort und Raum bieten, möglich sein. Häufig sind lokale Bauvorschriften das grösste Hindernis, wenn verdichtet werden soll: Höhere Häuser mit mehr Wohnraum für mehr Menschen entstehen nicht, weil die Richtlinien es verbieten – und noch nicht an die heutigen Erfordernisse angepasst sind.

In der Schweiz hat die Gemeindeautonomie eine lange Tradition und ist unbestritten von enormer Bedeutung. In der Raumplanung geht es aber offenbar nicht ohne zusätzlichen Druck von aussen respektive oben. Gemeinden und Kantone müssen von einem nationalen Raumplanungsgesetz in die Verantwortung genommen werden. Die vom Parlament beschlossene Revision könnte dem Gesetz jene Zähne geben, die in der Vergangenheit gefehlt haben.

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Keine Einfamilienhäuser mehr: Interview mit Architekt Mark Imhof
Aus Einstein vom 30.10.2012.
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