Bis 1969 ist die Welt noch in Ordnung. Leonard George Casley ist Bauer im Gebiet Hutt River. 75 Quadratkilometer gross ist seine Farm, die 595 Kilometer nördlich von Perth im Westen Australiens gelegen ist.
Casley betreibt vorwiegend Weizenanbau. Und genau der Weizen zwingt den Farmer zu einem folgenreichen Schritt. Im November 1969 verlangt die australische Regierung Produktionsquoten für Weizen. Will heissen: Casley darf nur etwa 10 Prozent des von ihm produzierten Korns auch verkaufen.
So nicht, sagt sich Leonard George Casley, Jahrgang 1925. Er wehrt sich – und gründet am 21. April 1970 das Fürstentum von Hutt River. Er selbst ernennt sich zum Prinzen. Sein offizieller Titel lautet: «His Royal Highness Prince Leonard». Seit 44 Jahren ist er inzwischen im Amt. Er ist verwitwet, Prinzessin Shirley ist am 7. Juli 2013 im Alter von 84 Jahren verstorben.
Australien schikaniert uns
Das Fürstentum von Hutt River hat eine eigene Währung, den Hutt-River-Dollar. Hauptstadt ist ein Ort namens Nain – andere Dörfer geschweige denn Städte gibt es nicht. Zu seinen Untertanen zählen rund 30 Menschen, 10'000 Schafe und ein paar Kühe. Offizielle Amtssprache ist Englisch, Französisch und Esperanto. «glanz & gloria» hat sich mit Prinz Leonard auf Englisch unterhalten:
«glanz & gloria», Prinz Leonard, wie sieht der Alltag in Ihrem Fürstentum aus?
Prinz Leonard: Landwirtschaft ist unsere Haupttätigkeit. Drei meiner Söhne arbeiten zusätzlich in der Regierung respektive für den Tourismus. Jeden Tag besuchen uns unzählige Menschen, vorwiegend aus Übersee. Im Jahr sind es um die 25'000. Alle sind sie erpicht darauf, mehr über unsere Geschichte zu erfahren.
Wovon lebt das Fürstentum?
Der Lebensunterhalt unserer Bürger wird mit ganz normaler Arbeit bestritten. Sei dies in der Landwirtschaft, im Tourismus oder im Dienstleistungssektor. Geldquellen der Regierung sind Steuern, Verkäufe von Briefmarken und Münzen.
Politischer Status
Wie steht es um das Verhältnis zwischen Australien und dem Fürstentum von Hutt River?
Am besten lässt sich dieses Verhältnis als De-Jure-Anerkennung seitens Australien beschreiben. Aber: Australien hat bislang nicht damit aufgehört, uns bei jeder Gelegenheit zu schikanieren. Ich glaube, die Regierung macht dies nur, weil ihnen nichts anderes einfällt.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Mein Ziel ist es, vom Staat Australien voll anerkannt zu werden, damit wir zum Wohle des anderen zusammenarbeiten können. Sowohl das Fürstentum als auch Australien würden von einem besseren Verhältnis profitieren.
Mikronationen
Begeistert und fasziniert vom kleinen Fürstentum auf dem grossen roten Kontinent? Für 250 australische Dollar können Interessierte die Staatsbürgerschaft beantragen – das Fürstentum akzeptiert auch die doppelte Staatsbürgerschaft.
Ein Visum gibt es für zwei Dollar. Bei der Einreise erhalten Touristen gleich zwei Stempel – einen für die Einreise, einen für die Ausreise am selben Tag. Denn: Unterkunftsmöglichkeiten gibt es keine.
Leonard Casley ist inzwischen über 80 Jahre alt. Doch die Zukunft ist gesichert. Er und seine verstorbene Frau haben sieben Kinder, 22 Enkelkinder und über 30 Urenkel – Tendenz steigend, wie die royale Familie selbst sagt.