Erinnerung in Bildern
«Alt werden heisst für mich nicht unbedingt, sich zur Ruhe zu setzen, rumsitzen», hatte Stephanie Glaser erklärt. «Solange sie mich wollen und solange es geht, werde ich arbeiten. Weil es mir Freude macht.» Noch im letzten Herbst mimte sie eine schrullige Krimiautorin und Hobby-Ermittlerin in Sabine Boss' «Mord hinterm Vorhang» des Schweizer Fernsehens.
Ein paar Monate vorher hatte sie den Streifen «S'isch mer alles ei Ding» von Anita Blumer abgedreht, der im Herbst 2011 in die Kinos kommen soll. Sie spielt darin eine Oma, die mit vier Enkelinnen in einer Haus-WG lebt. Wie so oft, wirkte die Doyenne des Schweizer Films in dieser Low- Budget-Produktion für ein Handgeld mit – ebenso wie im Kurzfilm «Das Künstlerleben» von Patrick Claudet, zehn Tage vor ihrem Tod im Zürcher Hauptbahnhof gedreht.
Ehrungen für Stephanie Glaser schon geplant
Das Schweizer Fernsehen hat in Erinnerung an Stephanie Glaser für Montag 18.15 Uhr und Dienstag 14.50 Uhr die Folge «Stephanie Glaser» von «Das volle Leben – Menschen über 80» ins Programm von von SF1 genommen. Nächsten Samstag, 22. Januar 2011, wird zudem noch einmal der Film «Die Herbstzeitlosen» (20.10 Uhr, SF 1) gezeigt.
Die Solothurner Filmtage, die am kommenden Donnerstag beginnen, ehren die Verstorbene ausserdem am Sonntag, 23. Januar 2011, mit einer Gedenkveranstaltung, wie es auf Anfrage hiess. Die Hommage ist am Morgen in der Reithalle geplant. Wann und wo die Trauerfeierlichkeiten stattfinden sollen, steht noch nicht fest, wie Glasers Nachlassverwalter Hans-Jörg Gerber am Sonntag der Nachrichtenagentur SDA sagte. ( sda/schf )
2010: Das letzte Jahr der Grande Dame
Als hätte sie gewusst, dass 2010 ihr letztes Jahr sein würde, startete Stephanie Glaser noch einmal so richtig durch: Sie feierte ihren 90. Geburtstag, drehte zwei Filme und besuchte Christa de Carouges Modenschau.
Stephanie Glasers Leben
Stephanie Glaser wurde 1920 in Neuenburg geboren und wuchs in Bern in einer Hoteliersfamilie auf. Nach einer Aufführung von «Peterchens Mondfahrt» 1932 beschloss sie, Schauspielerin zu werden. Mit dem Segen der Eltern liess sie sich am renommierten Reinhardt-Seminar in Wien ausbilden. Nach dem Einmarsch Hitlers verliess sie Wien und kehrte – ungern, wie sie später betonte – nach Bern zurück, mietete ein Zimmer bei Madame de Meuron, spielte im Stadttheater kleine Rollen und trat auf der Soldatenbühne «Bärentatze» auf. Nach dem Krieg landete die Schauspielerin beim Cabaret Fédéral in Zürich und spielte in Gotthelf-Verfilmungen von Franz Schnyder mit.
Zum Publikumsliebling avancierte sie erstmals 1974 bis 1981, als sie als Tante Elise mit Goldfisch «Traugottli» in der Fernsehshow «Teleboy» von Kurt Felix auftrat. Mehrfach ausgezeichnet Ende der 80er Jahre kehrte sie zum Film zurück. Sie spielte mit bei «Klassäzämekunft», «Leo Sonnyboy», «Sternenberg» oder «Mein Name ist Eugen» und – als Krönung – in Bettina Oberlis Kassenschlager «Die Herbstzeitlosen» mit 86 Jahren ihre erste Hauptrolle. Sie gibt darin eine gelernte Schneiderin, die nach dem Tod ihres Mannes in einem Emmentaler Dorf ein neues Leben beginnt und – zum Ärger der dortigen Scheinheiligen und Hinterwäldler – mit 80 Jahren noch eine Lingerie-Boutique eröffnet. «Die Herbstzeitlosen» war 2006 der beliebteste Kinofilm der Schweiz und gehört zu den fünf erfolgreichsten Schweizer Filmen der letzten 25 Jahre. Kein Wunder, dass Stephanie Glaser als Publikumsliebling des Jahres mit dem Prix Walo 2006 ausgezeichnet wurde. Im gleichen Jahr erhielt sie den Swiss Award in der Sparte Kultur und den Spezial-Leoparden beim Filmfestival Locarno.