Lukas Ninck, morgen fliegen Sie nach Riga an die Eishockey-Weltmeisterschaft und sind dort als Interviewer für SRF im Einsatz. Wie bereiten Sie sich auf diesen Grossanlass vor?
Lukas Ninck: In meiner Spezialfunktion als Nationalmannschaftsreporter bin ich das ganze Jahr über bei Turnieren und Testspielen dabei und so sehr nah am Team. Trotzdem muss ich mich auf jedes Spiel gesondert vorbereiten: Die letzten Wochen habe ich mir die Saisons der einzelnen Spieler angeschaut und Statistiken geschrieben. Das ist ziemliche Knochenarbeit. Aber ich will am Tag X alle Informationen beisammen haben und sicher sein: Ich habe nichts verpasst.
Wie viele Eishockey-Weltmeisterschaften haben Sie in dieser Funktion schon miterlebt?
Das ist jetzt meine dritte Weltmeisterschaft, die erste war lustigerweise auch in Riga. Damals sah ich wegen der Corona-Massnahmen praktisch nichts von der Stadt und auch die Mannschaft war sehr weit entfernt. Ich freue mich, das hockeybegeisterte Riga dieses Jahr ohne Pandemie zu erleben – insbesondere die Fans und die Stimmung.
Wie läuft ein Spieltag für Sie ab?
Meist beginnt der Tag für mich mit einer Sitzung, in welcher ich mich mit dem Produzenten, dem Kommentator und allen weiteren Beteiligten austausche: Wir gehen die letzten Einzelheiten durch, besprechen das Programm und überlegen, welche Geschichten wir umsetzen möchten. Danach geht es früh ins Stadion, um die Technik zu testen. Sobald die Mannschaft eintrifft, erhalte ich letzte Informationen vom Trainer oder Assistenztrainer: Ist vielleicht jemand verletzt? Was ist die Strategie? Dann beginnt das Spiel: In den folgenden 60 Spielminuten gilt für mich höchste Konzentration. Meine Aufgabe ist es, die Kommentatoren direkt von der Seitenlinie aus mit Informationen zu beliefern. In der Pause und nach dem Spiel führe ich Interviews mit Trainern, Spielern und weiteren Protagonist:innen.
Was passiert nach dem Spiel?
In der Nachbesprechung im Team besprechen wir den Einsatz: Was lief gut, was könnte man verbessern? Wir leben in diesen drei Wochen dafür, dem Publikum das bestmögliche Produkt zu bieten. Auch wenn ich abends um elf Uhr ins Hotel zurückkehre, ist die Arbeit noch nicht getan. Ich schaue mir abends im Bett an, wie andere Medien über die WM berichten, gehe im Kopf die Einsätze des nächsten Tages durch und überlege mir, was ich anders machen könnte.
Was macht für Sie Ihren Job so besonders?
Mich fasziniert die Nähe zum Sport. Ich komme den Spielern und ihren Emotionen sehr nahe und möchte sie den Zuschauer:innen vor den Bildschirmen möglichst direkt weitergeben. Ein Beispiel: An der WM 2022 bestritt Nationalspieler Andres Ambühl sein 120. WM-Spiel – ein Rekord. Als ich ihn in meinem Interview darauf ansprach , hat er sehr emotional reagiert, was mich sehr überraschte. In so einer Situation falle vielleicht auch ich kurz aus der Rolle – schliesslich hast du als Journalist kein Handbuch, wie du dich in solchen Situationen verhalten sollst. Das ist herausfordernd – aber auch besonders schön.
Apropos herausfordernd: Wie verhindern Sie, dass Ihre Interviewpartner Ihnen nur mit Floskeln antworten?
Man muss sich bewusst machen, in welcher Situation sich die Spieler in diesem Moment befinden. Ein Interview stellt für sie – gerade während eines Spiels – immer eine Art Störfaktor dar. Sie haben möglicherweise noch ihre letzte schöne Aktion oder das Zusammentreffen mit einem gegnerischen Spieler im Kopf. Dazu können sie sehr genau Auskunft geben. Um Floskeln zu vermeiden, versuche ich also sie möglichst auf Dinge anzusprechen, in die sie direkt involviert waren und erwarte keine Gesamtanalyse des Spiels.
Ein Schweizer Finaleinzug wie 2013 und 2018 wäre für das Schweizer Publikum natürlich ideal. Wie ginge es für Sie weiter, sollte die Schweiz vorher ausscheiden?
Unser geplantes Programm funktioniert relativ unabhängig davon, wie weit die Schweiz an der WM kommt. Für das Finalwochenende werden wir auf jeden Fall ins finnische Tampere reisen, um über die dortigen Spiele zu berichten und Interviews zu führen. Wir versuchen, auch bei Spielen ohne Schweizer Beteiligung einen Bezug zu unserem Land herzustellen und dem Publikum einen Mehrwert zu bieten. Aber natürlich wäre es auch für uns Journalist:innen ein riesiges Erlebnis, sollte es die Schweiz bis ins Finale schaffen.