Stellungnahme von Tristan Brenn, Chefredaktor TV bei SRF:
Florian Schwab, Weltwoche-Journalist, kritisierte auf Twitter, dass SRF nicht über den Besuch des ehemaligen Trump-Beraters und Chefstrategen des Weissen Hauses, Steve Bannon, in Zürich berichtete. Was er nicht sagte: Wir vom Fernsehen SRF wollten berichten, verzichteten aber darauf, nachdem Bannon ein Interview, um das «10vor10» gebeten hatte, ablehnte. Die abschlägige Antwort kam vom Weltwoche-Journalist Schwab höchstpersönlich, er hatte für das Wochenmagazin den Event mit Bannon organisiert.
Ob ein Besuch von Bannon in Zürich Pflichtstoff für hiesige Medien ist, darüber kann man sich streiten. Auch innerhalb von SRF. Unsere Online- Newsplattform kam zum Schluss, Bannon sei kein Repräsentant mehr der US-Regierung, es sei ein privater Anlass gewesen, deshalb keine Berichterstattung. Radio SRF4 News machte ein kurzes Stück dazu. Ich persönlich finde: Bannon in Zürich, das ist journalistisch interessant. Möglicherweise sogar relevant, auch wenn die kurze Zeit seines politischen Einflusses in Washington bereits wieder Geschichte ist. Der ehemalige Herausgeber der rechts-nationalistischen Newsplattform «Breitbart» ist noch immer eine Ikone der äussersten Rechten in den USA. Und wenn der hier ist, ja, dann ist das Gelegenheit für eine Story.
Doch kann man auch kritisch und mit Distanz berichten, wenn der Hauptprotagonist sich nicht befragen lässt? Viele Zeitungen und Newsplattformen haben mit hervorragenden Artikeln gezeigt, dass es geht, so die NZZ, Watson oder die Süddeutsche Zeitung. Kompliment.
Die Schauplatzreportage fürs Fernsehen funktioniert nach anderen Gesetzen. Während die Printjournalisten in der Reportage ihre Beobachtungen reflektieren und – um beim Bild zu bleiben – ihre Bilder selber malen können, bleibt dem TV-Journalisten nur abzubilden, was er am Schauplatz antrifft, und sich mit kritischen Fragen einzubringen. Das ist – im Gegensatz zum Format des analysierenden TV-Berichts – das Format der Fernsehreportage: Fragen ans Publikum, Fragen an die Akteure, in diesem Fall an den Akteur Steve Bannon. Bleibt letzteres verwehrt, bleibt auch der journalistische Anspruch verwehrt. Die Story des Reporters beschränkt sich dann auf die Fans des Protagonisten Bannon, dessen Redeausschnitte und allenfalls auf die Fragen des Veranstalters an Bannon, in diesem Fall jene des Weltwoche-Chefredaktors Roger Köppel. Das mag in einer Reportage über ein Rockkonzert mit Fans und Ausschnitten aus dem Konzert angehen, für die kritische politische Berichterstattung ist es zu wenig und verkommt in der Regel zur Plattform für Botschaften. Deshalb auch beim Fernsehen SRF: keine Berichterstattung.