Seit fast 20 Jahren ist die gebürtige Innerschweizerin Beatrice Fleischlin eine feste Grösse in der freien Theaterszene zwischen Luzern und Berlin und tritt regelmässig an internationalen Festivals auf. In der Spielzeit 2011/12 war Beatrice Fleischlin als Hausautorin am Theater Basel engagiert. Da entwickelte sie einen Text für die Bühne, dem sie den Titel gab: «Triptychon eines seltsamen Gefühls». Und ergänzend anfügte: «dieses eine bombastische». Sie begab sich eben auf die Spur der Liebe mit all ihren Facetten durch den Dschungel des Begehrens.
Und aus so etwas kann man ein Hörspiel machen? Man muss! Sagte sich Dramaturg und Regisseur Reto Ott.
Von der ersten Seite an wusste ich: aus diesem Theatertext will, ja muss ich ein Hörspiel machen! Dieser Text ist so eigen, so grandios anders, so unmässig. Der ist nicht mit üblichen Mustern ins akustische Medium zu übertragen. Den kriegt man nicht einfach so in den Griff und in irgendeine Schublade gepackt. Auch beim Hören nicht. Denn dieser Text handelt von dem, was sich immer wieder dramatisch neu unserer Kontrolle entzieht. Von dem, was uns packt, durchschüttelt, beflügelt, verzaubert, erschöpft, verbrennt, mutig macht, blöd und irre. Von Liebe, Lust und Leidenschaft.
Und so wurde aus dem Theatertext ein Hörspiel. Und dann erweiterte noch etwas das Hörspiel um eine wesentliche Dimension: mit den fantastischen Klanglandschaften und Soundkreationen der französischen Radiofrau Amandine Casadamont. Und nun feiert das «Triptychon der seltsamen Gefühle» Premiere.
Ich weiss jetzt, woher der Text kommt und was ein Tritptychon ist - aber worum geht's genau in dem Hörspiel?
In der Anlage ihres Stückes bezieht sich Beatrice Fleischlin auf eines der berühmtesten Werke der Kunstgeschichte: das dreiflügelige Gemälde «Der Garten der Lüste» des niederländischen Malers Hieronymus Bosch.
1. Bild: Paradies, oder «In meinen Augen bist du ein sehr schöner Mensch.»
Im ersten Teil (bei Bosch der «Garten Eden») zeigt sich die Liebe Schritt für Schritt in der Annäherung eines Paares. Und da dieses Paar für viele steht, sind verschiedene Varianten gleichzeitig zu hören.
2. Bild: «Ein paar Happen vom grossen Leidenschaftsbraten.»
Im zweiten Teil gibt es schöne Monologe. Allein oder zu zweit. Da geht es um den einzelnen in seiner Erbärmlichkeit und Pracht. Beim Zuhören verliert man sich, analog zum Wimmelbild von Bosch, in einer polymorphen Parklandschaft des multiplen Begehrens. Darin surrt und gurrt und schwirrt es. Man begegnet bezaubernden Kreaturen, aber auch hässlich geifernden Viechern.
3. Bild: Hölle, oder «Magst du mit mir wilden hemmungslosen Sex haben?»
Im dritten Bild geht es drunter und drüber. Es beginnt als Party und steigert sich zur Orgie. Beteiligt sind unter anderem ein Esel, ein Matrose, eine Sau, ein Elefant, eine Hummel, Prinz Eisenherz, ein Maulwurf, eine Kuh, ein Gorilla. And the one and only David Hasselhoff. Sie alle haben Spass. Mächtig viel Spass. Bis sie schliesslich wieder landen müssen.
Epilog oder: «Spiegeleier mit Ketchup auf Toast»
Das Ende markiert Abschied und Wiederbeginn zugleich. So war es auch für den Regisseur Reto Ott in der Produktion.
Mit dieser Produktion nahmen wir Abschied vom Hörspiel-Studio H3 auf dem Bruderholz. Immer und immer wieder kamen andere «wichtigere» Hörspiele dazwischen. Aber als es dann hiess, die Ära im «H3» geht zu Ende, machte ich mir ein persönliches Geschenk: Ich produzierte «Das Triptychon der seltsamen Gefühle». Die unvergleichlichen räumlichen Qualitäten des «H3» sollten noch einmal voll und ganz zur Geltung kommen. Es wurde eine sehr lustige und auch angemessen emotionale Aufnahmewoche im «H3». Die Postproduktion erfolgte dann bereits im neuen SRF-Studio am Basler Bahnhof. Nun ist das Stück bereit - ich würde mich freuen, wenn auch andere sich beim Hören verlieben!
Alles klar. Und wo kann ich das ganze Hörspiel hören?
Hier geht's zur Seite mit dem ganzen Hörspiel auf unserer Website. Ab Sonntag, 17.11. ist es im Hörspiel-Podcast in den gängigen Podcast-Apps zu hören: