Es habe anfangs alles auf ein sinnvolles und seriöses Projekt hingedeutet, sagt Sandra Losi, Leiterin der Psychomotorik-Therapiestelle für Schülerinnen und Schüler in Affoltern am Albis (ZH): Ein Vertreter der Firma Vendi AG mit Sitz in Basel schlägt ihr vor, im Eingangsbereich des Therapiegebäudes einen Defibrillator zu montieren – auf Kosten seiner Firma.
Finanziert würde der Apparat durch Sponsoren aus dem lokalen Gewerbe, die sich dann auf einer Werbetafel in dessen Nähe präsentieren könnten.
Die Therapiestellen-Leiterin unterschreibt zusammen mit ihrer nächsthöheren Vorgesetzten eine «Kooperationsvereinbarung» mit der Vendi AG – im März 2022. Danach hört sie monatelang nichts mehr von Vendi.
«Mir ging der Laden runter»
Mehr als ein halbes Jahr später sei dann die Inhaberin eines KMUs vorbeikommen. Es stellte sich heraus: Sie ist eine Sponsorin des Defibrillators und wollte sich dessen Standort und den Ort ihrer Firmenwerbung ansehen.
Die Frau habe ihr dann auch den Brief gezeigt, mit dem offensichtlich im Hintergrund im Namen Losis und im Namen des Schulzweckverbandes Bezirk Affoltern um Unterstützung des Projektes geweibelt worden ist – ohne dass die «Unterzeichnenden» davon gewusst haben.
Der Aufruf ist in miserablem Deutsch abgefasst und voller Fehler. Überdies wäre die Therapiestellen-Leiterin gar nicht berechtigt, im Namen des Verbandes auf Geldsuche zu gehen, beziehungsweise dürfte der Verband als öffentlich-rechtliche Körperschaft gar keine solche Aktion veranstalten.
Deshalb sei ihr «der Laden runtergegangen» als sie das Schreiben gesehen habe, sagt Sandra Losi im SRF-Konsumentenmagazin «Espresso», und es sei ihr schlicht auch peinlich, dass sie letztlich mit ihrem Einverständnis zu dieser Aktion den ganzen Ärger erst ausgelöst habe.
Zusagen für mehrere 10’000 Franken
Sandra Losi erfährt, dass bereits mindestens 15 kleine und mittlere Unternehmen aus dem Ort und der Umgebung einen Sponsoringvertrag mit Vendi unterschrieben haben.
Ein kleineres Inserat auf der Werbetafel kostet rund 2000 Franken, ein grosses rund 4000 Franken. Wenn man das hochrechnet, kommen zehntausende von Franken zusammen. Ein neuer Defibrillator kostet etwa 2000 bis 4000 Franken. Man kann sich mit einem solchen Modell also schnell mal eine goldene Nase verdienen. Umso mehr als ein solcher Sponsoringvertrag drei Jahre gültig ist. Wer ihn nicht fristgerecht kündigt, zahlt nochmals für drei Jahre die gleiche Summe.
Schulzweckverband und KMU ziehen die Notbremse
Doch in diesem Fall dürfte die Rechnung nicht aufgehen. Manche der betroffenen KMU haben – zum Teil mit Unterstützung ihrer Rechtsschutzversicherung – Vendi schon schriftlich mitgeteilt, dass man den Sponsoringvertrag unter diesen Umständen als nichtig betrachte und aussteige. «Espresso» weiss: In einzelnen Fällen ist dies auch schon gelungen.
Und der Präsident des Schulzweckverbandes, Anand Weber, liess die Werbefirma wissen, dass auch die ursprüngliche Vereinbarung für den Standort als nichtig zu betrachten sei. Sie sei weder durch den Verband autorisiert, noch durch zeichnungsberechtigte Personen unterschrieben worden. Zudem suggeriere der Aufruf, der Verband sei auf Unterstützungsgelder angewiesen, was nicht stimme. Der Verband verbietet es Vendi, in seinem Namen Geld zu sammeln und bereits eingegangene Beträge seien zurückzuerstatten.