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Neue Geräte sind oft günstiger als eine Reparatur
Aus Kassensturz vom 07.11.2023.
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Reparieren statt Wegwerfen Hürden für Reparaturen: Schweiz flop, Frankreich top

Flicken ist ökologisch sinnvoll, aber in der Praxis schwierig. Hersteller, Konsumenten und Gesetzgeber sind gefordert.

In der Schweiz werfen wir jedes Jahr rund 130'000 Tonnen Elektrogeräte fort – das sind 247 Kilo Elektroschrott pro Minute: Der 11-jährige Fernseher gibt den Geist auf – doch gibt es keine Ersatzteile mehr. Der Kopfhörer lässt sich kaum gekauft nicht mehr aufladen – doch der Hersteller verweigert die Reparatur, lieber zahlt er das Geld zurück.

Ökologisch wäre es in den meisten Fällen sinnvoller, ein defektes Gerät zu reparieren, als ein neues zu kaufen. Denn die meisten Ressourcen werden bei der Herstellung verbraucht. Doch in der Praxis gestaltet sich das Reparieren oft schwierig.

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Nicht reparaturfreundlich gebaut

Die Hersteller hätten es in der Hand, das Reparieren zu begünstigen, sagt Nachhaltigkeitsforscher Jan Frecè: «Indem sie Ersatzteile erhältlich machen und die Geräte modular aufbauen, damit man einzelne Teile ersetzen kann. Zudem sollte man die Geräte zerstörungsfrei und ohne Spezialwerkzeug demontieren können.»

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Jan Frecè, Professor für Sustainable Business
Aus Kassensturz vom 06.11.2023.
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Auch via Software schränken Firmen Reparaturen ein: Apple hat das iPhone 14 zwar reparierbar designt, aber die Reparatur muss von Apple via Software freigeschaltet werden – sonst funktioniert das Gerät nicht mehr richtig. Ein Problem für unabhängige Reparateure.

Zudem machen in der Schweiz die Lohnkosten sowie hohe Preise für Ersatzteile Reparaturen teuer. So kostet eine Reparatur schnell ähnlich viel wie ein neues Gerät.

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Alejandro Neff, Repair Café Seuzach
Aus Kassensturz vom 06.11.2023.
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Private Initiativen springen ein

Über 200 Repair Cafés in der ganzen Schweiz wollen der Wegwerfmentalität etwas entgegensetzen. Hier stellen Profis ehrenamtlich ihr Reparatur-Knowhow zur Verfügung, um Produkten ein zweites Leben zu schenken. Sie kümmern sich auf Spendenbasis um kaputte Elektrogeräte, Möbel oder Kleider.

Lieblingsstück kaputt? Diese Links helfen weiter

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  • In Repair Cafés können defekte Gegenstände gemeinsam mit Fachpersonen repariert werden, von Haushaltsgeräten über Unterhaltungselektronik, bis hin zu Textilien und Spielzeugen.
  • Der Verein Reparaturführer bietet eine Übersicht über verschiedene Schweizer Reparatur-Dienstleister.
  • Das Reparatur-Startup «Pretty Good» flickt mit einem Netzwerk von Reparaturpartnern diverse Alltagsgegenstände. Ein Kostenvoranschlag kann online unverbindlich und kostenlos eingeholt werden. Ihr Pilotprojekt mit Entsorgung + Recycling Bern schenkt gespendeten Objekten ein zweites Leben.
  • «iFixit» stellt Schritt-für-Schritt-Reparaturkits und -anleitungen zur Verfügung und bewertet die Reparierbarkeit von Smartphones, Tablets und Co.

Alltagsgegenstände wieder fit machen, um sie vor der Entsorgung zu retten, will auch ein Pilotprojekt auf den Stadtberner Entsorgungshöfen. Gut erhaltene Objekte können gespendet werden, und das Reparatur-Startup «Pretty Good» richtet sie wieder her für den Online-Verkauf durch das Arbeitsintegrationsprojekt «Restwert». Ein grosses Potenzial, denn laut einer Studie des Bundesamts für Umwelt sind rund die Hälfte der in der Schweiz entsorgten Elektrogeräte noch funktionsfähig.

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Jonas Morgenthaler, Co-Gründer «Pretty Good»
Aus Kassensturz vom 06.11.2023.
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Vorreiter Frankreich fördert das Reparieren

Per Gesetz für mehr Reparaturen sorgen will Frankreich. Seit 2021 müssen dort Waschmaschinen, Fernseher, Laptops und weitere Geräte mit einem Reparatur-Index gekennzeichnet sein. Dieser gibt auf einer Skala von eins bis zehn an, wie einfach ein Produkt zu reparieren ist und wie gut technische Dokumente und Ersatzteile verfügbar sind. So wird die Reparaturfähigkeit zum Verkaufsargument.

Auch finanziell werden Reparaturen in Frankreich seit diesem Jahr gefördert, mit einem Reparatur-Bonus, der aktuell bei zwischen 10 und 45 Euro liegt. Doch von den 62 Mio. Euro, die der Staat dieses Jahr zur Verfügung stellt, wurden erst rund eine Mio. Euro genutzt. Nun wird Frankreich den Bonus erhöhen und auf mehr Geräte ausweiten, damit reparieren noch attraktiver wird für die Konsumentinnen und Konsumenten.

Das sagen die Firmen zu den Fällen im «Kassensturz»-Beitrag

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Laurastar schreibt zur kaputten Bügelstation: «Um die Qualität unserer Produkte und Ihre Sicherheit zu gewährleisten, stellt Laurastar seinen Kunden keine Ersatzteile zur Verfügung. Zubehör und Ersatzteile, für die Ihr Gerät nicht geöffnet werden muss, können Sie allerdings schon bei uns beziehen. Wir arbeiten mit Pauschalbeträgen, die nach dem Alter des Geräts berechnet werden. Wenn das Gerät im Oktober 2013 gekauft wurde, sollte die Reparaturpauschale 399 CHF betragen. (…) Unsere Mitarbeiter haben eine Liste mit den Reparaturkosten, daher haben wir sicher nicht einen Preis von 1.000 CHF von den Kunden verlangt. Wenn der Kunde das Gerät nicht zu diesem Preis reparieren wollte, haben wir ihm vielleicht ein Angebot für ein neues Modell gemacht.»

Galaxus schreibt zum Kopfhörer, bei dem statt einer Reparatur eine Rückerstattung gemacht wurde: «Wir ziehen grundsätzlich die Reparatur dem Ersatz vor. Allerdings reparieren wir nicht selbst, sondern arbeiten mit zertifizierten Hersteller-Werkstätten zusammen. Bei welchen Geräten bzw. ab welchen Warenwerten sich eine Reparatur lohnt, bestimmen in der Regel die Hersteller oder Lieferanten. Wir informieren aktiv und transparent über die Rückgabe- und Garantiequote der verschiedenen Hersteller. So können sich Kundinnen und Kunden selbst ein Bild über die Qualität machen und entscheiden, welches Produkt für ihr Bedürfnis die beste Wahl ist. Im Idealfall ein Produkt mit tiefer Retouren- und Garantiefallquote. Klar ist aber auch: Qualität hat seinen Preis.»

Espresso, 7.11.2023, 8:10 Uhr

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