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Feines aus dem Wald
Aus Puls vom 08.10.2012.
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Wildbeeren – Feines aus dem Wald

Herbstzeit ist Beerenzeit. Wer sich im Wald auf die Suche nach Delikatessen macht, sollte sich nicht auf Pilze beschränken. Auch an Sträuchern werden Feinschmecker fündig.

Wildbeeren wachsen vor allem am Waldrand und an schattigen Stellen, meist üppig und in bunter Pracht. Schon seit Urzeiten werden sie als Nahrungs- und Heilmittel geschätzt. Bereits die Pfahlbauer assen Kornelkirschen, die alten Griechen sammelten Himbeeren und Brombeeren, und die Ureinwohner Amerikas verwendeten den Saft der Blaubeeren gegen Erkältungen.

Beeren-Experte

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Der frühere Biologe und Lehrer Pavel Becko hat sich im Laufe der Jahre zum Retter alter Obst- und Beerensorten ausgebildet. Er betreibt seit 1984 in Dicken einen Öko-Hof, der sich auf die Zucht gefährdeter Nutztierrassen und Kulturpflanzensorten spezialisiert hat. Für «Puls» hat sich Becko auf die Suche nach den Schätzen des Waldes gemacht.

Beeren schmecken und sind gesund…

Heute sind viele der wilden Beeren in Vergessenheit geraten, aber zu Unrecht: Sie sind zwar meist kleiner, dafür aber schmackhafter als ihre Artgenossen in den Lebensmittelläden. Sie sind vitamin- und mineralstoffreich und dabei kalorienarm. Ihr hoher Gehalt an Ballaststoffen stimuliert die Darmtätigkeit.

Viele Beeren enthalten zudem in grossen Mengen Stoffe, die auch in der Pflanzenheilkunde bekannt sind, zum Beispiel die Pflanzenfarbstoffe der Anthocyane. Sie schützen Zellen vor freien Radikalen, die mit der Entstehung von Krebs, Arterienverkalkung und sogar der Alzheimer-Krankheit in Verbindung gebracht werden.

Eine Untersuchung in den USA zeigte beispielsweise, dass der tägliche Genuss von zweieinhalb Tassen Saft aus wilden Blaubeeren die Gedächtnisleistung von Senioren bedeutend verbesserte. Erdbeeren und Himbeeren hingegen enthalten Tannine, die gegen Bakterien im Magendarmtrakt wirken und dadurch die Darmgesundheit verbessern können.

Am besten sind die Beeren in Kombination: Studien haben gezeigt, dass ein Mix aus Blaubeeren, Himbeeren, Erdbeeren, Heidelbeeren, Holunderbeeren und Preiselbeeren gesünder ist als jede der Beeren für sich allein.

… aber Vorsicht!

So viel Spass das Beerensammeln im Wald macht: Herr und Frau Schweizer wissen über Beeren oft zu wenig, um diese als giftig oder ungiftig einordnen zu können, geschweige denn eine genaue Artbestimmung vorzunehmen. Denn hinter einzelnen der schönen farbigen Früchtchen kann sich ein «faules Ei» verbergen.

Allgemein gilt: beim Beerensammeln nur diejenigen Beeren mitnehmen, die man sicher erkennt. Dazu lohnt sich auf jeden Fall der Kauf eines Bestimmungsbuches, in welchem Merkmale und Verwechslungsmöglichkeiten der wichtigsten Beeren zu finden sind. Besteht bei einer Beere auch nur ein geringer Zweifel, sollte man aufs Essen verzichten, lauern in den Schweizer Wäldern doch auch einige giftige Exemplare.

  • Allen voran steht die Tollkirsche. Die Atropa belladonna gehört zu den giftigsten Pflanzen überhaupt. Man findet sie häufig auf Waldlichtungen von Laub- und Nadelwäldern, in der Schweiz vor allem in höher gelegenen Regionen. Die Beeren sind im reifen Zustand schwarz, bis zu 1,5 cm gross, mit einer glänzenden Oberfläche. Verwechslungsgefahr besteht mit den Früchten der kleinen schwarzen Süsskirschen.
  • Als häufiger Zierstrauch in Parks und Gärten birgt die Eibe ebenfalls eine gewisse Gefahr, zumal ihre roten Früchte von Kindern gerne gegessen werden. Zum Glück ist jedoch das süsse Fruchtfleisch selbst ungiftig – giftig wäre nur das Zerkauen der Samen oder der Nadeln. Diese enthalten übrigens im Herbst und Winter am meisten Giftstoffe.
  • Die leuchtendrosaroten Pfaffenhütchen verlocken wegen ihres hübschen Aussehens vor allem Kinder zum Essen. Sie schmecken jedoch bitter, können Übelkeit und Bauchschmerzen auslösen und sogar dem Herzen schaden.

Hartnäckige Mythen

Für zwei vermeintliche Gefahren beim Beerensammeln kann Entwarnung gegeben werden:

  • «Vogelbeeren sind giftig.» Der giftige Ruf der Vogelbeeren ist weit verbreitet und hält sich hartnäckig. Aber: Die Beeren sind durchaus geniessbar. Wegen ihres hohen Gehalts an Parasorbinsäure können sie lediglich abführend wirken. Beim Kochen verschwindet dieser Effekt jedoch und so können Vogelbeeren als Konfitüren, Mus, Tee oder Schnaps mit ihrem hohen Anteil an Vitamin C, Provitamin A sowie dem Zuckeraustauschstoff Sorbit ein wertvoller Bestandteil der Nahrung sein.
  • «Auf wilden Beeren lauert der Fuchsbandwurm.» Das Risiko, sich beim Essen von selbstgesammelten Beeren mit dem Fuchsbandwurm anzustecken, ist äusserst gering. Trotzdem sollte man die Beeren vor dem Verzehr gründlich waschen. Will man auf Nummer sicher gehen, pflückt man nur Beeren, die mindestens 70 cm über dem Boden wachsen und so für Füchse nicht erreichbar sind – und erhitzt das Sammelgut zu Hause auf über 60 Grad.

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