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Warten auf Asyl Tag 1: Der Schlüsselbund

Heute geht’s los - seit 11 Uhr vormittags befinde ich mich nun also im Durchgangszentrum Düdingen FR und lebe wie ein Asylsuchender. An mein neues Leben muss ich mich noch gewöhnen, zum Beispiel an die vielen Schlüssel, welche meine neuen ständigen Begleiter sind.

Kaum angekommen werden mir vom Leiter des Zentrums, Coskun Karadag, die Hausregeln vorgestellt. Die Verantwortlichen geben sich Mühe, wichtige Dinge zu bebildern. Es darf also nur im Esssaal gegessen und getrunken werden, auf keinen Fall im Schlafsaal. Man soll nicht in die Dusche pinkeln. Und es muss mit Unterschrift bestätigt werden, dass das WLAN nicht fürs Surfen auf Porno- oder Gewalt-Seiten verwendet wird. Im Gespräch werden mir auch verschiedene Zeiten genannt: Nachtruhe, Visiten eines Kranken-Pflegers, Essensausgabe der Schweizer Tafel, und so weiter. Ich kann mir die vielen Zeiten und Angaben unmöglich alle merken – und hoffe, dass meine neuen Mitbewohner mir helfen werden, wenn ich nicht mehr weiter weiss.

Herzliche Begrüssung durch Mitbewohner

Meine Mitbewohner, das sind 26 junge Männer, die meisten zwischen 20 und 30 Jahre alt. Sie stammen aus Afghanistan, Guinea, Äthiopien, der Türkei, Somalia und Eritrea. Sie alle haben den N-Ausweis, warten also noch auf ihren Asylentscheid. Einige wohnen schon deutlich länger als ein Jahr hier im «Bunker» in der Zivilschutzanlage Düdingen. Die jungen Männer begrüssen mich herzlich, Khalil ist mein Bettnachbar und hilft mir auch gleich beim Beziehen meines Bettes. Später zeigt mir Omid den Weg zum Supermarkt, wo er jeweils einkaufen geht. Für die gesamte Woche habe ich 84 Franken erhalten (12 Franken pro Tag). Heute bin ich nun erste Lebensmittel einkaufen gegangen, so dass ich am Abend etwas zu essen habe. Über den Umgang mit dem Geld werde ich zu einem späteren Zeitpunkt schreiben.

Mein Leben in den Kästchen

Was mich im Moment vor allem beschäftigt, ist der Schlüsselbund, welchen ich bei meinem Eintritt gefasst habe. Vier Schlüssel sind daran – und ich benutze sie häufiger, als mir lieb ist. Denn hier wird alles in Kästchen verstaut, die Schuhe, die Gefriersachen, meine Kleider, das Geschirr – ja sogar ein abschliessbares Kühlschrank-Kästchen gehört mir. Immer wenn ich etwas benötige, sei es lediglich ein Glas Wasser, etwas zu essen oder einen Kugelschreiber, kommt einer der vier Schlüssel zum Einsatz. Denn herumliegen darf hier nichts, alles soll in den persönlichen Kästchen verstaut werden. Daran muss ich mich definitiv noch gewöhnen, aber ich staune auch, wie klar strukturiert hier alles verläuft. Wohl deswegen und weil unsere Unterkunft momentan nur gut zur Hälfte ausgelastet ist, wirkt hier drinnen alles ziemlich aufgeräumt.

Langweilig ist mir heute definitiv nie geworden – weil alles, so neu ist, ich die vielen Gesichter und deren Charaktere und Geschichten dahinter erst am entdecken bin. Kurzum, es ist eine Reizüberflutung. Deshalb werde ich heute wohl ziemlich gut schlafen – wobei, es kommt natürlich darauf an, wie viele in meinem Zimmer schnarchen. Mehr dazu dann morgen.

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